«Die Zinsen können auch ohne Inflation steigen. Auslöser könnte zum Beispiel eine Verkaufswelle am Markt für amerikanische Unternehmensanleihen sein»: Stefan Rehder (Bild: zvg)

«Die Zinsen können auch ohne Inflation steigen. Auslöser könnte zum Beispiel eine Verkaufswelle am Markt für amerikanische Unternehmensanleihen sein»: Stefan Rehder (Bild: zvg)

Das Interview

«Der Markt unterschätzt das Potenzial von Alphabet und Facebook»

Stefan Rehder, Gründer des Münchner Value-Managers Value Intelligence Advisors, setzt auf die digitalen Riesen. Von Vergleichen mit den Exzessen der Technologieblase hält er wenig.

Gregor Mast
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Stefan Rehder ist ein begeisterter Value-Investor. Besonders angetan haben es dem Gründer und Geschäftsführer der Münchner Vermögensverwaltungsboutique Value Intelligence Advisors Warren Buffett und Jean-Marie Eveillard. Beide fokussieren auf Unternehmen, die dank hoher Markteintrittshürden dauerhaft über den Kapitalkosten liegende Renditen erzielen. Dieser auf Qualität ausgerichtete Value-Stil überzeugt mit einer langfristig herausragenden Rendite.

«Unternehmen mit Preissetzungsmacht schneiden sowohl in inflationären als auch in deflationären Zeiten gut ab», sagt Rehder im Gespräch mit The Market. «Das Problem ist, dass viele dieser Titel wegen der niedrigen Zinsen derzeit teuer sind.»

Stefan Rehder

Stefan Rehder ist ein ausgewiesener Kenner der Value-Szene. Seine Begeisterung für das Thema entstand, als der gebürtige Hamburger in den späten Neunzigerjahren für die Privatbank Schröder, Münchmeyer Hengst in den USA arbeitete und dort als Anlageberater führende Value-Investoren betreute. Zurück in Europa, implementierte er den Value-Ansatz 2003 bei der BayernLB. 2009 erfüllte er sich mit der Gründung der Vermögensverwaltungsboutique Value Intelligence Advisors einen lang gehegten Wunsch. Derzeit verwaltet die Gesellschaft rund 200 Mio. €. Rehder veranstaltet in München regelmässig die Value Intelligence Conference, an der führende Value-Investoren aus der ganzen Welt auftreten. Die nächste Konferenz findet voraussichtlich 2021 statt.
Stefan Rehder ist ein ausgewiesener Kenner der Value-Szene. Seine Begeisterung für das Thema entstand, als der gebürtige Hamburger in den späten Neunzigerjahren für die Privatbank Schröder, Münchmeyer Hengst in den USA arbeitete und dort als Anlageberater führende Value-Investoren betreute. Zurück in Europa, implementierte er den Value-Ansatz 2003 bei der BayernLB. 2009 erfüllte er sich mit der Gründung der Vermögensverwaltungsboutique Value Intelligence Advisors einen lang gehegten Wunsch. Derzeit verwaltet die Gesellschaft rund 200 Mio. €. Rehder veranstaltet in München regelmässig die Value Intelligence Conference, an der führende Value-Investoren aus der ganzen Welt auftreten. Die nächste Konferenz findet voraussichtlich 2021 statt.

Attraktiv findet Rehder die digitalen Riesen Alphabet, Facebook, Alibaba oder Amazon. Er hält nichts von den Vergleichen mit der Technologieblase, die derzeit gerne gezogen werden. «Damals stand die digitale Revolution am Anfang», gibt er zu bedenken. «Inzwischen haben sich die Geschäftsmodelle bewährt, die Unternehmen verdienen dank hoher Eintrittsbarrieren viel Geld, und Value-Grössen wie Warren Buffett investieren in den Bereich.» Das alles sei 2000 nicht der Fall gewesen.

Zykliker haben es schwerer, auf Rehders Radar zu erscheinen, weil ihre Profitabilität naturgemäss stark schwankt. «Es gibt aber Ausnahmen», sagt er, «und zwar in Branchen, die sich konsolidiert und diszipliniert haben.» Ein Beispiel sei die Speicherchipindustrie, die noch von drei Unternehmen beherrscht werde. «Analysten unterschätzen anfänglich den positiven Effekt, den die Konsolidierung auf Margen und Kapitalrenditen hat, und stufen solche Unternehmen fälschlicherweise weiterhin als stark zyklisch ein.»

Wenig anfangen kann Rehder mit der Aussage, europäische Werte seien im Vergleich zu ihren US-Pendants günstig. «Ein Unternehmen wie Alphabet kann nicht mit einer europäischen Bank verglichen werden.» Die Sektorzusammensetzung sei völlig anders, und vergleichbare Gesellschaften seien ähnlich bewertet.

Wie Buffett und Eveillard hält Rehder Cash, wenn die Bewertungen zu hoch sind. Das sei derzeit besonders sinnvoll, weil die Geldpolitik die meisten Anlageklassen in die Höhe getrieben habe und die traditionelle Diversifikation mit Anleihen, Aktien, Immobilien und Privatmarktanlagen bei steigenden Zinsen versagen werde. Zu den wenigen unkorrelierten Vermögenswerten zählt Rehder Cash und Gold.

Herr Rehder, was macht Ihnen derzeit am meisten Sorgen?
Die anhaltende Manipulation der Märkte durch die Notenbanken. Sie sorgen mit ihrer Einflussnahme auf die Zinsen nicht nur für eine Fehlallokation von Kapital, einen beispiellosen Schuldenboom oder die Vorwegnahme künftigen Konsums, sondern haben auch die Bewertungen der meisten Anlagen in die Höhe getrieben. Zudem werden viele Unternehmen am Leben erhalten, die eigentlich nicht wettbewerbsfähig sind.

Was heisst das für Ihre Anlagen?
Wir richten uns in der Portfoliokonstruktion grundsätzlich an mehreren Szenarien aus. Der Markt geht davon aus, dass die Zinsen noch lange niedrig bleiben. Damit werden die hohen Bewertungen gerechtfertigt. Wir sind uns da aber nicht so sicher, und sollten die Zinsen steigen, haben Bondsubstitute wie Nestlé am Aktienmarkt kaum eine Chance, ihr aktuelles Kursniveau zu halten. Zudem hat die traditionelle Diversifikation ihren Mehrwert verloren, weil sämtliche Anlageklassen von den sinkenden Zinsen profitiert haben und entsprechend unter höheren Zinsen leiden würden.

Derzeit spricht wenig für höhere Zinsen. Dafür ist der Inflationsdruck zu gering.
Die Zinsen können auch ohne Inflation steigen. Auslöser könnte zum Beispiel eine Verkaufswelle am Markt für amerikanische Unternehmensanleihen sein. Das Volumen an Bonds mit einem BBB-Rating – der niedrigsten Stufe im Investment-Grade-Bereich – ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Ihr Anteil an allen Investment-Grade-Anleihen liegt bei 50%. Kommt es da zu einer Welle von Rückstufungen, zum Beispiel im Zuge einer Rezession, sind zahlreiche Investoren zu Verkäufen gezwungen. Dem wachsenden Angebot von Hochzinsanleihen dürfte dann kaum eine ausreichende Nachfrage gegenüberstehen. Die Folge wären abrupt steigende Zinsen.

Wie gehen Sie mit diesem Risiko um?
Wir setzen in unseren All-Wetter-Fonds zur Absicherung unter anderem Gold und Goldminen ein. Gold korreliert weder mit dem Konjunktur- noch dem Börsenzyklus und stellt eine zunehmend wichtige Säule unserer Anlagestrategie dar. Als Investoren am Buffett-Ende des Value-Spektrums bevorzugen wir grundsätzlich Unternehmen mit Preissetzungsmacht und guten Bilanzen. Diese Strategie funktioniert im inflationären und auch im deflationären Umfeld – beides sind mögliche Szenarien für die Zukunft. Das Problem ist, dass viele dieser Titel wegen der niedrigen Zinsen teuer sind. Aus diesem Grund fällt unsere Cashquote zurzeit sehr üppig aus und liegt je nach Fonds bei 30 bis 40%.

Wo werden Sie derzeit überhaupt noch fündig?
In zyklischen Branchen, die sich konsolidiert haben und in denen nur noch wenige Wettbewerber übrig bleiben. Beispiele sind die Zement- oder die Speicherchipindustrie. Letztere ist von sieben auf drei Anbieter geschrumpft. Wir halten sowohl Samsung Electronics als auch Micron, zwei dieser drei. Analysten unterschätzen anfänglich den positiven Effekt, den die Konsolidierung auf Margen und Kapitalrenditen hat, und stufen solche Unternehmen fälschlicherweise weiterhin als stark zyklisch ein.

Halbleiterwerte sind nicht mehr zyklisch?
Speziell der DRAM-Sektor verfügt über attraktives, säkulares Wachstum. Es unterliegt zwar weiterhin zyklischen Schwankungen, aber bei den Produzenten werden die Ausschläge bei Margen und Gewinn kleiner. Die Hersteller versuchen nicht mehr, die rückläufigen Preise mit einem höheren Ausstoss zu kompensieren. Stattdessen drosseln sie die Produktion und halten die Preise hoch. Im letzten Abschwung ist die Branche nicht mehr in die Verlustzone gerutscht. Die Folge sind steigende Bewertungen.

Vor neuen Wettbewerbern fürchten Sie sich nicht?
Wie stark das Oligopol ist, zeigt das Beispiel China, das es trotz Milliardeninvestitionen nicht schafft, in den Markt einzudringen.

Was spricht für Zementaktien?
Den Investoren steckt immer noch der Immobiliencrash 2007 in den Knochen. Damals führten Zementunternehmen überteuerte Akquisitionen durch und schlitterten überschuldet in den Abschwung. Seither wurden keine neuen Kapazitäten aufgebaut, und die grössten drei Gesellschaften beherrschen mittlerweile über zwei Drittel des US-Marktes. Die vertikale Integration durch das Zusammengehen von Zement- und Aggregatsherstellern hat zudem die Preissetzungsmacht deutlich verbessert. Das alles zeigt sich in einer höheren Profitabilität.

Auf welche Zementvaloren setzen Sie?
HeidelbergCement hat eine Rendite des freien Cashflows – also einen freien Cashflow im Verhältnis zur Marktkapitalisierung – von 11%. Im Vergleich zum Unternehmenswert sind es 7%. Das ist eine interessante Bewertung für einen Oligopolisten.

Unternehmen mit Preissetzungsmacht finden sich auch in defensiven Branchen wie Nahrungsmittel und Getränke. Vieler dieser Titel sind teuer. Wie gehen Sie damit um?
Es stimmt. Viele Unternehmen mit attraktiver Kapitalrendite und hohen Markteintrittsbarrieren – sogenannte Compounder – sind teuer geworden. Die Nestlés dieser Welt dürften in den nächsten Jahren noch 7 bis 8% abwerfen. Eine höhere Rendite versprechen wir uns von einigen der grossen Technologiewerte, deren Potenzial unterschätzt wird.

Gerade die Tech-Giganten sind doch schon höchst anspruchsvoll bewertet.
Das sehen wir anders. Wir haben im Gegenteil das Gefühl, dass Anleger den adressierbaren Markt und damit das Wachstumspotenzial unterschätzen. Viele Experten glauben, das Potenzial für Alphabet oder Facebook sei auf die bisherigen Werbeausgaben beschränkt. Doch Achtung: Der klassische Detailhandel gab 15% des Umsatzes für die Miete aus. Ein Teil davon wird in die Online-Werbung fliessen, weil die neuen Schaufenster im Internet entstehen. Deshalb wird der Anteil der Werbeausgaben am Bruttoinlandprodukt künftig über die historischen 1 bis 1,5% steigen.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Tech-Aktien wirkt hoch. Wie bewerten Sie eine Alphabet oder eine Amazon?
Wir benutzen dazu den Ansatz des Columbia-Professors Bruce Greenwald, der sich auf die nachhaltige Rendite stützt, die ein Unternehmen erzielen kann. Ausgangspunkt ist der normalisierte Cashflow – wir verwenden den operativen Gewinn nach Steuern – im Verhältnis zum Unternehmenswert. Der Gesamtertrag entspricht dieser Rendite sowie dem Wachstum des freien Cashflows. Dieses Wachstum könnte nicht nur wegen der Verlagerung von Mietausgaben in Online-Werbung höher ausfallen als erwartet, sondern auch, weil die Kombination aus Reichweite – Alphabet hat acht Apps mit täglich mehr als einer Milliarde Usern –, Kundendaten und hoher Kundenfrequenz Möglichkeiten eröffnet, die der Markt unterschätzt.

Können Sie das erklären?
Mit der historisch einmaligen Kombination aus Reichweite und Marktintelligenz lässt sich jedes Geschäftsmodell angreifen. So kann Amazon zum Beispiel ins Versicherungs- oder ins Gesundheitsgeschäft einsteigen, beides Branchen, die einst über relativ komfortable Markteintrittsbarrieren verfügten. Die Möglichkeiten für profitables Wachstum sind vor diesem Hintergrund vielfältig. Wir rechnen bei Unternehmen wie Alphabet, Facebook oder Alibaba deshalb für die nächsten Jahre mit einer jährlichen Rendite von mehr als 15%. Das ist im Vergleich zu den Kapitalkosten, die wir auf 7% veranschlagen, sehr attraktiv. Das gilt gerade auch im Vergleich zu Nestlé, wo die erwartete Rendite bei 7% liegt, obwohl auch dieses Geschäftsmodell nicht völlig vor Disruption gefeit ist.

Nestlé wird durch die Online-Riesen bedroht?
Es ist zumindest ein Risiko. In der Online-Welt lassen sich die Regale nicht mehr so einfach beherrschen, wie das einst für die Markenartikler im Lebensmitteldetailhandel der Fall war. Das musste zum Beispiel der US-Hersteller Kraft am eigenen Leib erfahren. Die Marktmacht der Grossen schwindet, während sich für kleinere Nischenanbieter völlig neue Möglichkeiten eröffnen, an Visibilität im Markt zu gewinnen.

Der Erfolg der Branche ruft den Regulator auf den Plan. Fürchten Sie sich nicht vor dessen Eingriffen?
Eine gewisse Regulierung ist notwendig. Das Vordringen der digitalen Riesen in immer neue Geschäftsbereiche ist aus marktwirtschaftlicher Sicht teilweise bedenklich. Gleichzeitig gibt es aber auch Initiativen wie die von Amazon im amerikanischen Gesundheitssektor, die dem Wettbewerb eher guttun als schaden. Insgesamt denken wir, dass die Regulierungsgefahr gegenwärtig etwas überschätzt wird.

Warum wird das Regulierungsrisiko überschätzt?
Amazon, Alphabet & Co stehen für die Dominanz Amerikas im zukunftsträchtigen Technologie- und Kommunikationssektor. Wir können uns derzeit nicht vorstellen, dass gerade die USA ihre Vorzeigeunternehmen zerschlagen und damit die eigene geopolitische Position schwächen werden. Dann muss zwischen Regulierung und Zerschlagung unterschieden werden. Reguliert wurde schon – in Europa beispielsweise mit neuen Datenschutzrichtlinien. Die Folge war, dass die Nutzer die Bestimmungen bei den Grossen akzeptiert haben, bei den Kleinen aber nicht. Das zementiert die Macht also eher noch. Und sollte Alphabet zerschlagen werden, würde die Abspaltung von YouTube und Waymo, der Sparte für selbstfahrende Fahrzeuge, den Wert von Alphabet kurzfristig eher heben. Bei Facebook sind die Synergieeffekte zwischen den Einheiten grösser. Deshalb glaubt der Konsens, dass Facebook von einer Zerschlagung stärker betroffen wäre als Alphabet.

Amazon befindet sich ebenfalls in Ihrem Portfolio. Der Online-Riese schreibt selten Gewinn und scheint extrem hoch bewertet.
Amazon erwirtschaftet seit Jahren attraktive Cashflows, die erfolgreich reinvestiert werden. Wozu soll ein Unternehmen Gewinn ausweisen, wenn es über zahlreiche Möglichkeiten verfügt, profitabel zu wachsen? Deshalb ist der Gewinn gedrückt, und traditionelle Bewertungsmasse wie das KGV sind hoch. Amazon steht derzeit an einem ähnlichen Punkt wie bei der Einführung der Cloud-Sparte Amazon Web Services, die den Aktienkurs von 300 auf 2000 $ katapultiert hat.

Das müssen Sie erklären.
Derzeit investiert Amazon massiv in die Logistik. Der Konzern verfügt über fünfzig Flugzeuge und hat bei Rivian 100'000 Elektrofahrzeuge bestellt. Mittlerweile liefert er in Europa 50 bis 60% der Pakete selbst aus. Gelingt das dereinst für die geschätzten 16 Mio. Pakete, die Amazon täglich versendet, wäre sie die Nummer zwei hinter UPS. In Spitzenzeiten wurden UPS und FedEx vom Markt mit 200 Mrd. $ bewertet. Wieso soll sich Amazon nicht einen Teil davon abgreifen, zumal der Konzern wegen seiner zunehmend vertikalen Integration über einen sehr wichtigen Wettbewerbsvorteil verfügt? Der Wert dieses Geschäfts ist noch nicht im Kurs enthalten.

Viele Value-Manager mögen Europa, weil europäische Werte im Vergleich zu US-Aktien mit einem hohen Abschlag handeln. Werden Sie ebenfalls fündig?
In Europa gibt es zahlreiche attraktive Unternehmen, allerdings deutlich weniger globale Marktführer als in den USA. Wir halten die These, dass Europa günstiger bewertet ist als die USA, für sehr fragwürdig. Es stimmt, dass Multiples wie das Kurs-Buchwert-Verhältnis niedriger sind. Nur werden dabei Äpfel mit Birnen verglichen.

Warum ist der Vergleich nicht statthaft?
Die Sektorzusammensetzung ist völlig unterschiedlich. Ein Unternehmen wie Alphabet kann – salopp formuliert – nicht mit einer europäischen Bank verglichen werden. Europa ist industrielastiger, in den USA ist der Anteil des Dienstleistungssektors, der viel weniger kapitalintensiv ist, deutlich höher. Das erlaubt bessere Kapitalrenditen, und deshalb ist eine Bewertungsprämie normal. Dass Indexschwergewichte wie Amazon auf kurzfristigen Gewinn verzichten und lieber profitabel reinvestieren, relativiert zudem die Durchschnittsbetrachtungen auf KGV-Basis.

Diese Prämie ist nicht zu hoch?
Auf Einzelaktienbasis können wir keine Prämie erkennen. Bei der Bewertung vergleichbarer Unternehmen bestehen jedenfalls keine grossen Unterschiede. Nike und Adidas, Colgate und Unilever, Oracle und SAP oder IFF und Givaudan sind alle ähnlich bewertet.

Dauerhaft hohe Renditen bei Tech-Unternehmen, dauerhaft niedrige Bewertungen in Europa – das klingt ein wenig nach «This time is different».
Wir sind tatsächlich davon überzeugt, dass sich die durchschnittlichen zukünftigen Bedingungen in vielen Branchen grundsätzlich geändert haben. Es entstehen neue Geschäftsmodelle mit neuen Marktführern. Der Umsatz der US-Warenhäuser ist in den letzten Jahren wie an einer Linie gezogen von 17 auf 12 Mrd. $ im Monat gesunken. Wie soll es da zu einer Mean Reversion – also zu einer Rückkehr zum historischen Mittelwert – kommen? Oder ist es realistisch anzunehmen, dass der Verbrennungsmotor uns letztlich doch erhalten bleibt und nicht durch Elektromotoren oder andere umweltfreundlichere Alternativen abgelöst wird? Solche grundlegenden Veränderungen müssen als das erkannt werden, was sie sind: ein Wandel, der dauerhaft Bestand hat. In einem solchen Umfeld auf Mean Reversion zu setzen, ist unseres Erachtens die gewagtere Annahme als «This time is different».

Auch herkömmliche Automarken bauen Elektrofahrzeuge.
Ja, und es ist sehr wahrscheinlich, dass Mercedes und BMW weiterhin attraktive Autos bauen. Nur nimmt die Teilevielfalt im Motor massiv ab: von 2000 beweglichen Teilen beim Verbrennungsmotor auf 18 beim Elektromotor. Dadurch sinken die Hürden für den Markteintritt, es wird erheblich einfacher, Autos zu bauen. Es treten also neue Konkurrenten auf den Plan, die Preise sinken. Diesem Preisdruck kann sich BMW oder Mercedes nicht entziehen. Dazu kommt die Bedrohung durch die Sharing Economy. Künftig besitzen viele Leute womöglich kein eigenes Auto mehr, sondern kaufen ein Abonnement für die Nutzung von selbstfahrenden Fahrzeugen. Das alles heisst nicht, dass solche Werte über die nächsten Monate nicht gut abschneiden können. Wir halten es aber gerade im Zeitalter der Disruption für ratsam, nur in Unternehmen zu investieren, die man ohne Bedenken auch zehn Jahre halten würde. Automobilgesellschaften gehören nicht dazu.