Fehlbewertete und undurchsichtige private Unternehmen erfüllen die hohen Anforderungen von Initial Public Offers (IPOs) nicht mehr. Die geplatzten Blasen von WeWork und Uber lehren uns, wie Nullzinsen übermässiges Geld schaffen, das (zu) wenigen soliden Unternehmen nachjagt.
Es war einmal im Private-Equity-Land ein schönes Einhorn, das vorgab, einen Wert von 47 Mrd. $ zu haben – obwohl es kaum 3 Mrd. $ wert war. Sein charmanter CEO, seine Millenial-ansprechende Ästhetik und das blinde Vertrauen des Softbank-Kaisers liessen jeden im Imperium glauben, das Einhorn sei ein Technologie-Unternehmen und nicht ein gewöhnlicher Büroflächenanbieter.
Der charmante CEO, der von einem gewaltigen Vermögen träumte, gab sich als Tech-Aristokrat aus und nicht als einfacher Immobilienbürger, der er in Wirklichkeit war. Aber eine Fee namens Fair Value beobachtete das Ganze aus der Ferne; sie hasste Lügen, Selbstvermarktung und falsche Aussagen. So riss sie eines Tages dem schönen Einhorn und dem charmanten CEO die trügerische Verkleidung herunter und enthüllte eine ungeschminkte, verschuldete und schlecht geführte Firma.
Die Bevölkerung ging auf die Strasse und buhte das betrügerische Einhorn aus – und gab ihm weniger als ein Drittel des Wertes, den der Kaiser dafür beansprucht hatte. Der Kaiser war nackt und beschämt. Und «Einhorn» ist heute bloss ein weiterer Name für zweifelhafte Bewertungen.
Sie haben vielleicht den Hinweis auf das jüngste Debakel von WeWork erkannt, eine der grössten Wetten des riesigen Risikofonds Softbank und einer seiner grössten Misserfolge. Dieser Fall und andere wie Uber, das es immerhin bis zur Börsenkotierung schaffte, aber nach dem Debüt 33% verlor, und Lyft, das fast 40% unter seinem Emissionskurs notiert, oder Teslas lange Verlustserie und mysteriöse Einkommensangaben, werfen ernste Fragen über die Art und Weise auf, wie Bewertungen im Privatmarkt durchgeführt werden.
Der Erfolg von Google, Apple, Facebook und Amazon (die «GAFA»), die es schafften, hochprofitable Geschäftsmodelle zu bauen, kreierte in den letzten zehn Jahren einen solchen Technologie-Hype, dass jedes Urteilsvermögen im Bereich Private Equity und Venture Capital verloren ging. Mega-Finanzierungen von neuen Unternehmen wie WeWork, Uber und Slack, ohne die Prüfung durch eine unabhängige Instanz, jedoch aufgepeppt durch undurchsichtige Buchhaltungspraktiken. Das machte diese Unternehmen so überbewertet, dass sie einen Realitätscheck, oder – wie bei WeWork – die Anforderungen an einen Börsengang nicht bestehen konnten.
Auf dem Höhepunkt des WeWork-Skandals unterhielten uns viele Artikel mit Anekdoten über die Exzentrik des WeWork-Gründers Adam Neuman und das 10-Mrd.-$-Engagement, das er in einer Limousine nach einem 30-minütigen Pitch beim CEO von Softbank, Masayoshi Son, gekritzelt bekam.
Aber nur wenige Artikel analysierten, wie Investoren diese üblen Reisen in Zukunft vermeiden können, indem sie ihre Fonds für katastrophale Investitionsentscheidungen verantwortlich machen und sicherstellen, dass einheitliche Bewertungstechniken auf Portfoliounternehmen angewendet werden.
Die Performance von Einhörnern (Start-up-Unternehmen im Wert von mehr als 1 Mrd. $) seit dem Börsengang ist ein grausamer Beleg für irrationale Bewertungen. Seit 2017 schneiden Einhörner mit einer Marktkapitalisierung von 5 Mrd. $ oder mehr nach dem Börsengang sehr schlecht ab. Sieben von zehn haben laut Forbes negative Renditen geliefert.
Der Überschwang ist nicht ausschliesslich auf Private Equity und Venture Capital beschränkt. Die Preise sind in allen Anlageklassen gestiegen, dank des billigen Geldes der Notenbanken. Aber Private Equity ist besonders stark fremdfinanziert und undurchsichtig, und die frühen Anteilseigner können sich auf Kosten der IPO-Investoren bereichern. Widersprüchliche Bewertungen und Buchhaltungen zielen darauf ab, die Risiken dieser gehebelten Wetten falsch darzustellen.
Uber zum Beispiel wurde von seinen privaten Geldgebern mit über 68 Mrd. $ bewertet. Nach dem Börsengang im Mai fiel die Bewertung am öffentlichen Markt jedoch auf 48 Mrd. $.
Die spekulative Übertreibung, die wir gesehen haben, ist nicht überraschend. Märkte sind Kommunikationsgefässe.
Da die extrem niedrigen Zinssätze die festverzinslichen Wertpapiere unattraktiv machten, wurde ein Grossteil des Anlagehypes in Private Equity umgeleitet. Die Schulden wurden zu billig, um sich Sorgen zu machen, und billiges Geld überstieg das Angebot solider Investitionsmöglichkeiten.
Irgendwann hörten Fonds wie Softbank auf, nüchtern zu rechnen und wechselten in den reinen Spekulationsmodus. Der Fall WeWork zeigt uns, dass die Softbank-Manager die Grundlagen der Bewertung ignoriert haben. Die Bewertungszahlen hätten die Alarmglocken schrillen lassen sollen: Der Sektor hatte mit einem Preis-Ebitda-Verhältnis von 11 hat sogar das Vorkrisenniveau von 2007 (8,9x) übertroffen.
Private Equity-Deals weisen eine Prämie von 30% gegenüber börsennotierten Unternehmen auf. Der Verschuldungsgrad liegt im Schnitt beim 6 bis 9-fachen des Ebitda. Hätte das Fed die Zinsen in diesem Jahr schnell angehoben, wäre todsicher ein Crash erfolgt. Diese hohen Bewertungen sind nicht mehr durch die Performance gerechtfertigt: Wenn wir den Schnitt über fünf Jahre betrachten, ist Private Equity als Anlageklasse pro Jahr 1% hinter dem Russell 2000 Small Cap Index und 1,5% hinter dem S&P 500 zurückgeblieben.
Die Private Equity-Bewertung ist naturgemäss subjektiv und muss sich auf eine Szenarioanalyse stützen. Dabei den richtigen Fair Value, d.h. den hypothetischen Verkaufspreis zu erhalten, ist schwieriger als bei börsennotierten Aktien. Im Falle von WeWork hätte man sich bei der Bewertung jedoch demütig am Vielfachen des Umsatzes mit dem direkten Wettbewerber, dem Büroanbieter IWG (ehemals Regus), orientieren müssen. In diesem Fall – und viele Finanzmedien hatten die Alarmglocke geläutet – hätte der Wert von WeWork nie 3 Mrd. $ überschritten.
Die phänomenale Bewertungslücke zwischen 47 und 3 Mrd. $ und frühere Übertreibungen bei Start-ups haben die Marktstimmung getrübt. IPO-Käufer zeichnen keine himmelhohen Bewertungen mehr und überbewertete Einhörner laufen zunehmend Gefahr, ihre Aktien nicht zu den angekündigten Preisen platzieren zu können.
Aufgrund dieser wachsenden Bewertungslücke zwischen dem Privatmarkt und den öffentlichen Börsen ist das Private Equity-Exitvolumen seit 2015 nicht mehr gewachsen. Eine geringere Nachfrage der öffentlichen Investoren nach Einhörnern könnte in Zukunft zu weniger IPO führen. Das ist gut so, denn es wird zu einer Korrektur der Bewertungen führen und die Unternehmen dazu zwingen, weniger Schulden zu machen.
Der durchschnittliche Private-Equity-Deal besteht derzeit zu 65 % aus Fremdkapital, was sehr hoch ist und anfällig für steigende Zinsen macht; und mit so billigem Fremdkapital gibt es keine Anreize, sicherzustellen, dass produktive Unternehmen finanziert werden.
Ein weiterer wichtiger Indikator ist, dass selbst grosse Unternehmen nicht mehr bereit sind, Einhörner zu kaufen. In letzter Zeit gab es keinen grossen Deal mehr wie etwa die Übernahme von WhatsApp durch Facebook. Ein grosses Unternehmen entwickelt die Technologie lieber intern, als ein Startup zu diesen überhöhten Preisen zu kaufen.
Opazität und schlechte Governance sind das, was sich ändern muss. Während ein börsennotiertes Unternehmen unabhängig bewertet werden muss und den Aufsichtsbehörden eine transparente und zuverlässige Rechnungslegung bietet, entscheiden Private Equity-Gesellschaften selbst über die Bewertungen ihrer eigenen Portfoliounternehmen.
Wie ist das möglich? Private Equity-Firmen können einfach nicht gleichzeitig Richter und Jury sein. Sowohl die Finanzierungsgesellschaft als auch das Startup haben ein berechtigtes Interesse daran, den Preis in die Höhe zu treiben. Man glaubt meist, dass der «Markt» das Einhorn höher bewertet, aber eigentlich ist es nur das Bieten gegen sich selbst in den nachfolgenden Finanzierungsrunden. (Ein gewisser Herr Charles Ponzi hat diese Strategie in den Zwanzigerjahren erfunden.)
Das Interesse des Startup-CEO besteht darin, zum höchsten Preis auszusteigen, und der Fonds will seine Investition höher bewerten und einen Gewinn verbuchen. Dann kommt Selbstgefälligkeit auf und die Buchhaltung wird kreativer.
Wir sollen keine Schulden über dem 6-fachen Ebitda aufnehmen? Keine Sorge, die Finanzierungspartner ermöglichen es Start-ups, bei der Definition des Ebitda kreativ zu sein, so dass «einmalige» Kosten und andere Posten ausgeklammert werden, um ein komfortableres «pro forma» Ebitda zu erhalten.
So viel Selbstgefälligkeit gefährdet die zukünftige Performance dieser Unternehmen, deren Verluste subventioniert und deren Gründer auf Kosten der späteren Investoren profitieren. Solche Situationen treten bei börsennotierten Aktien selten auf. Im Bereich Private Equity sind Ineffizienzen und Arbitragemöglichkeiten immer noch zu hoch und ziehen Spekulanten an, da es Jahre und nicht Minuten dauert, bis schlechtes Management entdeckt wird.
Nun, die Private Equity Blase ist tatsächlich geplatzt. Wir haben es einfach noch nicht im grossen Stil gesehen, weil die Zinsen immer noch künstlich niedrig sind. Aber was wir sehen, ist, dass ein grosser Teil des Kapitals jetzt in falsch bewerteten Privatmärkten steckt. Und es besteht wenig Hoffnung, dass das Geld via IPO-Märkte realisiert werden kann, da sich das Zeitfenster schliesst: Der Öffentlichkeit ist klar geworden, dass diese undurchsichtigen Börsenkandidaten bloss enttäuschende Renditen bieten werden.