Der Konsens ist eindeutig: Das Wachstum bleibt auf absehbare Zeit schwach, die Inflation ist tot, und die Zukunft gehört den IT-Giganten. Aber Achtung: mehrjährige Anlagetrends werden selten viel älter als zehn Jahre.
Wie ist der langfristige Erfolg beim Investieren leichter zu erreichen – durch die Auswahl von Gewinnern oder die Vermeidung von Verlierern? Es lässt sich argumentieren, dass der zweite Ansatz viel weniger Arbeit erfordert.
Die folgende Tabelle veranschaulicht den Punkt; sie listet die zehn weltweit grössten Unternehmen nach Marktkapitalisierung zu Beginn eines jeden Jahrzehnts seit 1980 auf.
1980 war man sich weitgehend einig, dass «Demokratie von Natur aus die Inflation fördert.» Nach dem damals vorherrschenden Glauben versuchen Politiker immer, Stimmen mit nicht nachhaltigen öffentlichen Ausgaben zu kaufen, während die Zentralbanker nicht in der Lage sind, dem Druck der Regierungen standzuhalten, um die ständig wachsenden Haushaltsdefizite zu finanzieren. Infolgedessen waren die einzigen kaufenswerten Aktien diejenigen von Unternehmen, die über Sachwerte verfügten – insbesondere von Rohstoffförderern. Damals stellten Energiekonzerne fast ein Drittel des MSCI World Index und sechs der Top-Ten-Unternehmen der Welt.
So viel zum Konsens. Im Jahr 1980 hätte jeder Investor, der mutig genug war, in seinem Portfolio auf Energietitel zu verzichten, für die nächsten zehn Jahre zusammenpacken und an den Strand gehen können, und am Ende des Jahrzehnts hätte er eine beachtliche Performance erzielt.
Nach seinem zehnjährigen Strandurlaub wäre unser Starinvestor 1990 ins Büro zurückgekehrt, nur um dann zu erfahren, dass es für ihn in den kommenden Jahren keinen Job gäbe, wenn er kein Japanisch lerne. Japans überlegene Managementtechniken und das bankgestützte Finanzierungsmodell würden sicherstellen, dass japanische Unternehmen die Welt übernehmen. Angesichts dieses Konsens war es nicht verwunderlich, dass 1990 acht der zehn grössten Unternehmen der Welt japanisch und sechs dieser acht Banken waren. Wie kann man mit japanischen Banken Geld verlieren, wenn diese gerade daran sind, die Welt zu erobern?
Hätte unser Investor jedoch beschlossen, Japan – das im Januar 1990 45% des MSCI World Index ausmachte – unterzugewichten, dann hätte er es sich einmal mehr leisten können, für das gesamte folgende Jahrzehnt an den Strand zu gehen.
Im Jahr 2000 wäre unser Investor auf einen Markt gestossen, der in attraktiv bewertete «Old Economy»- und «New Economy»-Aktien unterteilt war, die mit bisher unbekannten Kennzahlen wie «Price to Eyeballs» bewertet wurden. Diese Aktien aus den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation machten mehr als ein Drittel des MSCI World aus. Hätte unser mutiger Investor den Hype ignoriert, hätte er für weitere zehn Jahre in den Urlaub fahren können.
Im Jahr 2010 zurückgekehrt, hätte er festgestellt, dass der vorherrschende Glaube war, China übernehme die Welt. Und Chinas unstillbarer Hunger nach Rohstoffen führte dazu, dass die Welt nicht nur mit Peak Oil zu kämpfen hatte, sondern auch mit Peak Copper, Peak Nickel und vielleicht sogar Peak Carbon.
Zu diesem Zeitpunkt waren fünf der zehn grössten Unternehmen der Welt nach Marktkapitalisierung daran beteiligt, Rohstoffe aus dem Boden zu graben, während zum ersten Mal drei der zehn grössten Unternehmen der Welt – PetroChina, ICBC und CCB – nicht nur einem Staat gehörten, sondern einem Staat mit einer kommunistischen Regierung, die eine Generation zuvor ihre eigenen Studenten auf den Strassen ihrer Hauptstadt niedergeschossen hatte. Kaum vom Strand zurückgekehrt, könnte unser Investor dies als seltsam empfunden und sich vernünftigerweise entschieden haben, sein Kapital woanders einzusetzen.
All das führt uns zum heutigen Tag und zum nahenden Ende des laufenden Jahrzehnts. Wieder einmal wird unser Investor vom Strand zurückkommen, um die Überzeugungen zu überprüfen, die dem heutigen Bullenmarkt zugrunde liegen. Und er wird folgendes finden:
Da diese Überzeugungen die Psyche der Anleger erfasst haben, haben sich die Vermögenspreise, Zinsen und Wechselkurse angepasst. Deshalb sind nun acht der zehn führenden Unternehmen der Welt amerikanisch – ich schliesse Berkshire Hathaway aus, da es sich eher um ein Investmentkonglomerat als um ein typisches Unternehmen handelt –, und sieben der zehn stammen aus dem Technologiebereich.
Über die Top Ten hinaus machen die USA nun 56% des MSCI World aus, die Marktkapitalisierung des gesamten europäischen Bankensektors ist geringer als diejenige von JPMorgan, und das tägliche Handelsvolumen von Amazon übersteigt oft dasjenige an der Hongkonger Börse.
Vielleicht hat der Konsens ja recht und unser strandfreudiger Investor kehrt in zehn Jahren in eine Welt zurück, in der der US-Technologiesektor sämtliche Top-Ten-Aktien stellt und in der die USA 65% des MSCI-Welt ausmachen. Aber ich bezweifle es, und zwar aus den folgenden Gründen:
Dies bringt mich zurück zur Tabelle am Anfang und zur Erkenntnis, dass sich eine Hausse zu einer Blase entwickelt – und seien wir ehrlich, Blasen machen Spass, wenn man dabei ist. Es braucht eine übergeordnete Idee, um Investoren in einem einzigen, gemeinsamen Glauben zu vereinen. Bekanntlich werden die Anleger von zwei Emotionen getrieben: Gier und Angst. Und in einer Blase kann Gier zwei Treiber haben, aber Angst nur einen. Das führt zu drei verschiedenen Arten von Blasen:
Die Anleger setzen heute auf die Fortsetzung der schumpeterianischen Blase. Wenn Technologieunternehmen in die Finanzwelt eindringen, wenn Investitionen in die Gesundheitsforschung mit Durchbrüchen gekrönt werden, wenn unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen schwindet und wenn Roboter sinnlose Arbeit eliminieren, ist man sich einig, dass uns wirklich eine schöne neue Welt mit immer grösseren Annehmlichkeiten bevorsteht.
Obwohl das attraktiv und aufregend klingt, sollten wir uns daran erinnern, dass mehrjährige Anlagetrends wie sehr grosse Hunde sind: Sie werden selten viel älter als zehn Jahre. Stattdessen deuten die historischen Präzedenzfälle darauf hin, dass die Top-Ten-Unternehmen des Jahres 2030 eher entweder die Ausweitung des Kapitalismus in neue Gebiete – Indien, Lateinamerika, China oder Südostasien? – oder die Angst, dass es «nicht genug für alle» geben wird, widerspiegeln werden.
Die Mayas glaubten, die Geschichte bestehe aus wiederkehrenden Zyklen von 52 Jahren; eine Vorstellung, die gut zu dem verbreiteten Glauben passt, dass Menschen die Fehler ihrer Eltern vermeiden, nur um die Fehler ihrer Grosseltern zu wiederholen. Wer weiss – vielleicht glaubt der Markt im Jahr 2030 wieder daran, dass Demokratie unweigerlich zu Inflation führt, da Politiker mit frisch gedrucktem Geld auf Stimmenjagd gehen.