Amazons Megadeal zur Übernahme der Bio-Supermarktkette Whole Foods stellt sich immer mehr als Fehlinvestition heraus. Das sollte Investoren zu denken geben, denn an der Börse gibt es derzeit eine ganze Reihe weiterer solcher Experimente mit zweifelhafter Aussicht auf Erfolg.
Als wir unlängst die Berichterstattung des amerikanischen Börsensenders «CNBC» verfolgten, schnitt eine Finanzanalystin ein Thema an, über das ausser uns praktisch niemand spricht: Sie bezeichnete Amazons Einstieg ins Lebensmittelgeschäft im Sommer 2017 mit der 13,4 Mrd. $ teuren Übernahme der Supermarktkette Whole Foods als «gescheitertes Experiment».
Für uns ergibt sich daraus folgende Schlüsselfrage: Amazon war mit dem Geschäftsmodell des Prime-Abonnentendienstes in anderen Bereichen bisher sehr erfolgreich. Warum also scheitern viele Experimente selbst bei den Unternehmen, die mit anderen Ideen Erfolg verzeichnet haben?
Vor dem Hintergrund, dass an der Börse ein Bärenmarkt in Wachstumsaktien begonnen hat und im Tech-Sektor gegenwärtig massenhaft Kapital vernichtet wird, sollten wir uns deshalb mit dieser Frage eingehend befassen.
Wenn die Kapitalmärkte ein Unternehmen nach seinem Umsatzwachstum und nach seinem gesamten Marktpotenzial (Total Adressable Market, TAM) bewerten, muss es aufzeigen, woher der nächste grosse Wachstumsschub kommen soll. Das Lebensmittelgeschäft umfasste in den USA 2017 ein Umsatzvolumen von 385 Mrd. $. Amazon wollte Investoren damals davon überzeugen, dass der Konzern einen grossen Teil dieses Marktes erobern kann; genauso, wie es ihm bei anderen bedeutenden Kategorien im Einzelhandel bereits gelungen war.
Als Amazon den Deal mit Whole Foods ankündigte, strafte der Aktienmarkt alle Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor rigoros ab: von Costco über Target und Walmart bis hin zu Kroger. Investoren puschten gleichzeitig den Aktienkurs von Amazon nach oben und erwarteten, dass der Konzern vor einem weiteren Expansionsschub mit Skalen- und Verbundeffekten steht.
Das Lebensmittelgeschäft hat sich während der Pandemie als eine der lukrativsten Branchen erwiesen. Amazon gehört zwar zu den grössten Akteuren in diesem Geschäft, doch für das Unternehmen insgesamt ist es nicht allzu relevant. Der folgende Abschnitt aus der Fachpublikation «Supermarket News» beschreibt, wo Amazon heute im Lebensmittelhandel steht und wie sich der Konzernbereich weiterentwickeln soll:
«Gemäss dem neusten Food and Beverage Sector Report von Edge Retail Insight dürfte Amazons Online-Umsatz mit Lebensmitteln bis 2026 auf 26,7 Mrd. $ steigen, nachdem er 2021 rund 14,5 Mrd. $ betragen hat. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 13%.»
Amazon hatte letztes Jahr insgesamt einen Umsatz von rund 470 Mrd. $ erwirtschaftet. Hat sich der Einstieg in den Online-Handel mit Lebensmitteln demnach wirklich gelohnt, um damit 14,5 Mrd. $ an Einnahmen zu erzielen?
Die Kehrseite von Amazons Einstieg ins Lebensmittelgeschäft war, dass schlafende Giganten wie Costco, Walmart und Target aufgeweckt wurden. Sie verfügten bereits über ein landesweites Netz an riesigen Einkaufszentren, die nur darauf warteten, als hervorragende Vertriebsstandorte für Ecommerce-Aktivitäten genutzt zu werden.
Inzwischen haben diese Konzerne alle massiv in den Ausbau ihrer Ecommerce-Kapazität investiert, wobei sie dafür über solide Bilanzen und enorme Mengen an freiem Cashflow verfügten. Im Fall von Target beispielsweise werden heute 80% der Online-Bestellungen von den Kunden selbst in den Filialen abgeholt. Die Einsparung an Kosten, die Target damit im Vergleich zur Auslieferung vor die Haustür erzielt, ist so gross, dass ein Amazon-Lieferwagen hindurchfahren könnte!
Mit Blick auf Amazon stellt sich die Frage, ob die zusätzliche Kundenbindung durch den Verkauf von Lebensmitteln zu den relativ dünnen Gewinnmargen in diesem Sektor einen nennenswerten Effekt hat? Die Antwort darauf ist, dass dieses Geschäft lediglich dazu beiträgt, Kunden an die Dienste des Konzerns zu gewöhnen.
Im Vergleich zu diesem durchwachsenen Resultat konnten einige Unternehmen aus unserem Portfolio bedeutende Erfolge mit Experimenten verzeichnen, die durch den freien Cashflow und eine starke Bilanz finanziert wurden:
Zusammenfassend lässt sich für unsere Investmentstrategie bei Smead Capital damit festhalten, dass uns bei Unternehmen neue Geschäftsbereiche, die aus einem wirtschaftlichen Bedarf heraus entstehen, viel mehr ansprechen als futuristische Spekulationen oder das euphorische Verschwenden von hart verdientem Kapital.
Bewahren Sie sich deshalb vor solchen Fehlentwicklungen an den Börsen!
Die englische Fassung des Artikels ist abrufbar unter: smeadcap.com