Der Kollaps der Silicon Valley Bank und die notfallmässige Übernahme der Credit Suisse durch die UBS haben die Märkte im März erschüttert. Zumindest an der Oberfläche hat sich die Lage seither beruhigt. Handelt es sich also bloss um einmalige Ereignisse oder vielleicht doch um Vorboten für weitere Probleme?
Dies wird keine weitere Abhandlung über den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB). Im vergangenen Monat habe ich dazu Dutzende von E-Mails erhalten, und ich bin sicher, dass es Ihnen ähnlich ergangen ist. Aus diesem Grund werde ich mich hier primär mit der Bedeutung dieses Ereignisses befassen, statt bloss nachzuerzählen, was sich abgespielt hat.
Meines Erachtens hat die Bedeutung des Zusammenbruchs der SVB (und der Signature Bank) weniger damit zu tun, dass er ein Vorläufer für weitere Insolvenzen von Banken sein könnte. Vielmehr liegt die Relevanz darin, dass die bereits bestehende Besorgnis von Investoren und Kreditgebern dadurch möglicherweise verstärkt wird, was zu einer weiteren Verknappung der Kreditvergabe und zu zusätzlichen Problemen in einer Vielzahl von Branchen und Sektoren führen könnte.
Die SVB ist in verschiedener Hinsicht ein Sonderfall − was bedeutet, dass ihr Kollaps vermutlich nicht der erste von vielen sein wird:
In der Summe machten die oben genannten Faktoren die SVB besonders anfällig für einen Bank Run, wenn es zu ungünstigen Entwicklungen kommt − und genau das passierte. Bei vielen der aufgeführten Aspekte handelt es sich jedoch um spezifische Eigenheiten der SVB. Daher glaube ich nicht, dass ihr Scheitern darauf hindeutet, dass solche Probleme im amerikanischen Bankensystem weit verbreitet sind.
Ein Problem bei staatlichen Interventionen jeglicher Art − wie beispielsweise dem sogenannten «Greenspan Put» − ist die Gefahr, dass sie zu Moral Hazard führen. Das heisst, die wirtschaftlichen Akteure kommen zum Schluss, dass sie gerettet werden, wenn sie einen Fehler begehen. Dies bedeutet, dass sie sich uneingeschränkt auf ein riskantes und damit potenziell ertragreiches Verhalten einlassen können: Wenn es nach Plan läuft, werden sie reich, aber bei einem Scheitern werden sie gerettet. Dies wird manchmal auch als «Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Verlusten» bezeichnet.
Als die SVB am 9. März am seidenen Faden hing und massive Rücknahmen von Kundengeldern verzeichnete, kamen Diskussionen über eine mögliche Staatsgarantie für sämtliche Einlagen auf. Eines der Argumente dagegen war, dass dies zu Moral Hazard führen würde: Wenn die Leute wissen, dass sie vor Verlusten geschützt sind, haben sie keinen Grund, die Solidität einer Bank zu prüfen, bevor sie Geld einzahlen. Das bedeutet, dass die Sorgfaltspflicht nicht erfüllt wird. Folglich bleiben schlecht geführte und ungenügend kapitalisierte Banken im Geschäft und können wachsen.
Dennoch kann man schlicht nicht erwarten, dass die Einleger diese Aufgabe übernehmen. Die Geschäftstätigkeit von Banken ist naturgemäss durch ein Missverhältnis zwischen Aktiva und Passiva sowie durch die Abhängigkeit vom Vertrauen der Einleger geprägt. Deshalb fällt es schwer, ihre finanzielle Gesundheit von aussen zu beurteilen (vielleicht manchmal auch von innen, zumal die SVB Fehlern des Managements erlag, die im Nachhinein offensichtlich waren). In den 28 Jahren, in denen Oaktree im Investmentgeschäft ist, haben wir relativ selten in Finanzinstitute investiert, die Einlagen entgegennehmen. Abgesehen von den wenigen Fällen, in denen wir zu Insidern wurden, haben wir es generell vermieden, in Banken zu investieren. Dies, weil sie aufgrund ihrer komplexen, oft wenig transparenten Finanzberichterstattung sowie aufgrund ihrer Abhängigkeit von Vertrauen schwieriger zu bewerten sind, als uns lieb ist.
Nur wenige Leute sind in der Lage, Bankbilanzen zu verstehen und festzustellen, ob sie zahlungsfähig und liquide bleiben werden. Würde man dies von den Einlegern erwarten, könnte das Bankwesen zum Erliegen kommen. Deshalb wurde in den USA während der Weltwirtschaftskrise der Dreissigerjahre eine Einlagenversicherung etabliert. Aus demselben Grund war der Entscheid des amerikanischen Staates, die Depositen der SVB vollständig zu garantieren, durchaus angemessen.
Bemerkenswert ist jedoch, dass das Management und die Aktionäre nicht gerettet wurden, sondern, wie man sagt, auf ihren Verlusten sitzen blieben. Es ist zu hoffen, dass ihre Verluste andere Investoren und Manager von Banken dazu bewegen werden, bei künftigen Entscheidungen mehr Vorsicht walten zu lassen.
Die Insolvenz der SVB hat zwar nichts damit zu tun, aber sie bietet mir die Gelegenheit, ein anderes Thema anzusprechen, von dem in letzter Zeit in den Nachrichten viel die Rede war und das Finanzinstitute betrifft: Alternative-Tier-1-Anleihen, kurz AT1 genannt.
Nach der globalen Finanzkrise verlangten die europäischen Aufsichtsbehörden von den Banken, dass sie neues Eigenkapital («Tier-1-Kapital») aufbauen und Schulden reduzieren. Angesichts der Risiken, mit denen die Banken konfrontiert waren, verlangten potenzielle Kapitalgeber jedoch finanzielle Anreize. Diese wurden bei den AT1-Anleihen in Form von bondähnlichen Renditen und einem Versprechen auf Rückzahlung bei Fälligkeit ausgestaltet. Zudem wurde Investoren der Status eines Schuldners zugemessen. So weit, so gut.
Bei der kürzlichen Übernahme/Rettung der Credit Suisse durch die UBS entschied die Schweizer Bankenaufsicht Finma, dass (a) Aktionäre eine bescheidene Entschädigung erhalten und (b) Inhaber von AT1-Anleihen im Wert von 17 Mrd. $ leer ausgehen sollten. Es folgte darauf umgehend ein Sturm der Entrüstung, verbunden mit der Androhung von Rechtsklagen.
Obwohl AT1-Papiere als Anleihen verkleidet werden, hatte die Finma offenbar die Möglichkeit, den Vorrang der AT1-Inhaber gegenüber den Aktionären zu annullieren und sogar den Wert dieser Anlagen auszulöschen. Die Bankenaufsicht entschied sich in diesem Fall dafür, die AT1-Inhaber den Aktionären nachzustellen. Investoren, die sich als klassische Gläubiger erachteten, verloren dadurch ihren gesamten Einsatz. Wie «Bloomberg News» am 23. März festhielt, hätte dies aber nicht überraschen dürfen:
In einem Prospekt für die AT1-Anleihen der Credit Suisse wird bereits auf der ersten Seite auf die Möglichkeit einer vollständigen Wertvernichtung hingewiesen, wenn ein sogenannter Abschreibungsfall eintritt. Unter diesem Umstand wird die Verzinsung der Anleihen eingestellt und ihr gesamter ausstehender Betrag automatisch und dauerhaft auf null abgeschrieben. Die Finma kann entscheiden, dass ein Abschreibungsfall, auch als «Viability Event» bezeichnet, eingetreten ist, wenn die Massnahmen einer Bank zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung «unzureichend oder nicht umsetzbar» sind oder wenn «ausserordentliche staatliche Stützmassnahmen» erforderlich sind, um einen Konkurs, eine Insolvenz oder die Einstellung der regulären Geschäftstätigkeit zu verhindern.
Bloomberg-Kolumnist Matt Levine erklärte, wie dieser Vorgang im Fall der Credit Suisse funktioniert:
Wenn die harte Kernkapitalquote (Common Equity Tier 1) der Bank − ein Mass für ihr regulatorisches Kapital − unter 7% fällt, werden AT1-Anleihen auf null abgeschrieben: Sie müssen nie zurückgezahlt werden; sie verschwinden komplett …
Im Prinzip sind diese Wertpapiere ein Schwindel. Für Anleger sehen sie so aus wie Anleihen: Sie werden verzinst, werden in fünf Jahren zurückbezahlt und erwecken einen ziemlich sicheren Eindruck. Für die Aufsichtsbehörden erscheinen sie wie Eigenkapital: Wenn die Bank in Schwierigkeiten gerät, kann sie sich Kapital beschaffen, indem sie die AT1-Anleihen auslöscht. Wenn Anleger sie für Anleihen halten und die Aufsichtsbehörden sie als Eigenkapital erachten, dann irrt sich jemand. Wie sich herausstellt, irren sich die Anleger.
Die Anleger scheinen insbesondere zu glauben, dass die AT1-Anleihen Vorrang vor dem Eigenkapital haben und dass zuerst der Wert der Aktien auf null sinken muss, bevor die AT1-Anleihen Verluste erleiden. Doch das ist nicht ganz korrekt. Dies, weil der Zweck der AT1-Anleihen ja genau darin besteht, dass ihr Wert auf null sinkt, wenn die Common Equity Tier 1-Kapitalquote unter 7% fällt.
(Bloomberg Opinion; Money Stuff, 20. März 2023. Hervorhebungen wurden nachträglich hinzugefügt.)
Wurden die Anleger demnach in die Irre geführt? Für mich lautet die Antwort: Nein. Betrachten wir in diesem Zusammenhang, wie der Prospekt für eine solche Emission der Credit Suisse − konkret «eine 2018 emittierte 7,5%-ige AT1-Anleihe im Volumen von 2 Mrd. $» – (laut Matt Levine) tituliert war: «7.500 per cent. Perpetual Tier 1 Contingent Write-down Capital Notes». Wenn «Write-down Capital Notes» also bereits im Titel steht, sollten keine grossen Zweifel an ihrem hohem Risikograd bestehen.
Ich habe früher einmal über den Betrugsfall des Financiers Bernie Madoff geschrieben, man könne entweder sagen, dass man eine gründliche Due Diligence durchgeführt habe, oder, dass er die Prüfung bestanden habe. Man kann aber nicht gleichzeitig behaupten, man habe eine gründliche Due Diligence durchgeführt und er habe die Prüfung bestanden. Ebenso kann man im Fall der AT1-Anleihen von Credit Suisse entweder sagen, dass man den Prospekt gelesen und verstanden habe, oder, dass man dachte, es handle sich um reguläre Anleihen. Beides zugleich kann man jedoch nicht behaupten.
Möglicherweise gibt es eine dritte Variante; vielleicht könnte man sagen: «Ich wusste zwar, dass die Aufsichtsbehörden das Recht dazu haben, mein Investment auszulöschen, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie das jemals tun würden.» Wenn man jemandem auf legalem Weg einen Wertbesitz entziehen kann, dann sollte man sich meiner Meinung nach nicht wundern, wenn dies tatsächlich geschieht. Vor allem dann nicht, wenn es nicht eindeutig unmoralisch ist.
Inhaber hochverzinslicher Anleihen sehen sich seit vielen Jahren mit einem vergleichbaren Szenario konfrontiert, dem sogenannten «Event Risk». Dabei geht es um Massnahmen, mit denen die Leitung eines Unternehmens darauf abzielt, den Wertbesitz der Gläubiger auf die Anteilseigner zu übertragen. Im Fall der Credit Suisse haben die Aufsichtsbehörden vermutlich die Kooperationsbereitschaft der Aktionäre gewonnen, indem sie ihnen ein paar Franken pro Aktie offeriert und gleichzeitig die AT1-Anleihen ausgelöscht haben. In Anbetracht der Umstände erscheint das nicht völlig überraschend. Es ist alles ein Bestandteil der Bemühungen zum Schutz der Banken, die − wie oben erwähnt − von Natur aus riskant sind.
Wie bereits angesprochen, sehe ich zwischen der SVB, der Signature Bank, der First Republic und der Credit Suisse keinen Zusammenhang, ausser der Tatsache, dass sie in der gleichen Branche tätig sind. Sie haben damit eines gemeinsam: Da es sich um Finanzinstitute handelt, können Ereignisse, in die sie involviert sind, das Vertrauen (oder den Mangel daran) von Einlegern und Investoren auf breiter Basis beeinflussen. Menschen fällt es schwer, sich gleichzeitig mit mehreren Problemen zu befassen. Weil die vier Banken praktisch zur selben Zeit in Schwierigkeiten geraten sind, sahen sich viele Leute dazu verleitet, diese Ereignisse wie Perlen an einer Schnur aufzureihen und ein Narrativ zu konstruieren, das einen möglichen Zusammenbruch des Finanzsystems einschloss.
Auch wenn das Geschehen um die vier Banken meines Erachtens nicht in einem direkten Zusammenhang stand, waren ihre Krisen trotzdem gross genug, um die Dinge ins Wanken zu bringen. Und wenn die Akteure in der Wirtschaft oder im Markt erschüttert werden, kann das schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Es verhält sich so, wie es US-Präsident Franklin D. Roosevelt in seiner Antrittsrede 1933 während der Grossen Depression formulierte: «Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst». Die Ereignisse müssen nicht zwangsläufig physisch oder selbst ökonomisch miteinander verbunden sein. An den Märkten kann eine Reihe beängstigender Entwicklungen eine enorm starke Wirkung entfalten.
Die Kreditkrisen, während deren meine Partner und ich in den vergangenen 38 Jahren investiert haben, waren in der Regel das Ergebnis einer Kombination aus (a) negativen wirtschaftlichen Entwicklungen, (b) Übertreibungen an den Märkten, (c) widrigen exogenen Ereignissen und (d) zunehmender Angst unter Anlegern und Fachleuten der Finanzbranche.
Die Insolvenzen der SVB und der anderen Banken reichen wahrscheinlich nicht aus, um eine Kreditkrise auszulösen, aber sie könnten dazu beitragen. Als Folge davon scheint es unausweichlich, dass manche Finanzinstitute die Kreditvergabe einschränken werden, wodurch einige Gläubiger kein Geld mehr erhalten. Insbesondere der Ausfall der SVB könnte bedeuten, dass es für Startup-Firmen in den kommenden Monaten schwieriger wird, sich Finanzierungen zu sichern. Regionale und kommunale Banken werden vermutlich verstärkt unter die Lupe genommen und müssen mit einem Abfluss von Einlagen rechnen, zumal Geld zu Geldmarktfonds und grösseren Banken migriert, die als sicherer gelten. Wegen der zentralen Funktion von Regional- und Kommunalbanken bei der Finanzierung von Immobilien ist es wahrscheinlich, dass die Rahmenbedingungen für Immobilieneigentümer und -entwickler schwieriger werden, genauso wie die Preise für Bürogebäude, Liegenschaften traditioneller Detailhändler und vielleicht sogar für Mehrfamilienhäuser in vielen Regionen unter Druck geraten.
Zu diesen Entwicklungen kommt die Tatsache hinzu, dass (a) die Zinsen nicht mehr sinken oder nahe bei null liegen; (b) das Fed wegen der gegenwärtig hohen Inflation nicht mehr so locker sein kann wie in vergangenen Krisen; und (c) sich negative Veränderungen in Anlageportfolios bemerkbar machen. Wenn man diese Aspekte miteinander kombiniert, denke ich, dass die Argumente an Kraft gewonnen haben, die ich in meinem letzten Memo mit dem Titel Sea Change vom Dezember 2022 dargelegt habe. Für die Schwierigkeiten der SVB und ihrer Konkurrenten wird unter anderem das Umfeld des leichten Geldes der letzten Jahre verantwortlich gemacht. Ihr Zusammenbruch wird wahrscheinlich zu einer strengeren Regulierung des Bankwesens führen. Das bedeutet, dass die Situation in der kommenden Zeit wohl nicht mehr so einfach sein wird. Und um es mit den Worten von Warren Buffett zu sagen: Nun, da die Flut ein wenig zurückgegangen ist, konnten wir einen Blick auf einige Akteure erhaschen, die nackt in der Nähe des Ufers geschwommen sind. Die verbleibenden Fragen lauten: Wie viele sind noch da draussen? Und, wird die Flut weit genug zurückgehen, um sie zu entlarven?
Wenn Investoren glauben, dass alles in bester Ordnung ist, herrscht grosser Optimismus, und gute Kaufgelegenheiten sind schwer zu finden. Doch wenn die Psychologie in Richtung Hoffnungslosigkeit umschlägt, erscheint die Folgerung plausibel, dass Schnäppchenjäger und Kapitalgeber die besseren Karten in der Hand haben und von Chancen auf attraktivere Renditen profitieren können. Unserer Ansicht nach ist der Zusammenbruch der SVB ein erster Schritt in diese Richtung.
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Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass der Zusammenbruch der SVB allein zu einer weit verbreiteten Ansteckung im Finanzsystem führt − weder psychologisch noch finanziell −, kann ich ein Memo über amerikanische Banken nicht abschliessen, ohne auf eine der grössten Sorgen einzugehen, mit denen diese Branche heute konfrontiert ist: die Möglichkeit von Problemen, die sich aus Krediten für Gewerbeimmobilien ergeben, speziell für Bürogebäude.
Im Fachjargon als Commercial Real Estate oder kurz CRE bezeichnet, wird der Sektor derzeit von folgenden Faktoren beeinflusst:
Das Gesamtvermögen der US-Banken umfasst mehr als 23 Bio. $. Zusammen sind sie die grössten Hypothekarkreditgeber. Obwohl wir nur grobe Anhaltspunkte haben, wird geschätzt, dass sie etwa 40% der ausstehenden CRE-Darlehen in Höhe von 4,5 Bio. $ auf ihren Büchern halten, was etwa 1,8 Bio. $ zum Nennwert entspricht. Auf der Grundlage dieser Schätzungen machen CRE-Kredite etwa 8 bis 9% der Vermögenswerte einer durchschnittlichen Bank aus, ein beträchtlicher, aber nicht überwältigender Anteil. (Das gesamte Engagement im Bereich CRE kann jedoch höher sein, da Investitionen in verbriefte Gewerbehypotheken zusätzlich zu den direkten CRE-Krediten der Banken berücksichtigt werden müssen).
Das Volumen an CRE-Krediten ist allerdings nicht gleichmässig auf die Banken verteilt: Einige Banken konzentrieren sich auf Regionen der Vereinigten Staaten, in denen die Immobilienmärkte «heisser» liefen und deshalb einen grösseren prozentualen Rückgang verzeichnen könnten; einige haben Kredite für Immobilien minderer Qualität vergeben, wo die grössten Probleme entstehen dürften; manche haben Hypotheken zu höheren Beleihungsquoten vergeben; und einige halten einen höheren Prozentsatz ihrer Aktiva in CRE-Krediten. Was den letzten Punkt betrifft, so zeigt eine aktuelle Studie von Bank of America, dass der durchschnittliche Anteil von CRE-Krediten bei Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 250 Mrd. $ nur 4,5% der Aktiva ausmacht, während er bei Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 250 Mrd. $ bei 11,4% liegt.
Weil die Banken mit einem kollektiven Eigenkapital von lediglich 2,2 Bio. $ (etwa 9% der Gesamtaktiva) dermassen stark fremdfinanziert sind, entspricht der geschätzte Betrag, den die durchschnittliche Bank an CRE-Krediten hält, etwa 100% ihres Kapitals. Verluste bei CRE-Hypotheken könnten somit im typischen Kreditbuch einen entsprechend hohen Prozentsatz des Eigenkapitals der durchschnittlichen Bank aufzehren, was eine Unterkapitalisierung bedeuten würde. Wie die Studie von Bank of America festhält, entfallen bei grossen Banken durchschnittlich 50% des risikogewichteten Eigenkapitals auf CRE-Kredite, wogegen es bei kleineren Banken 167% sind.
Nennenswerte Ausfälle bei Hypotheken für Bürogebäude und bei anderen CRE-Krediten sind sehr wahrscheinlich. Manche sind bereits eingetreten. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die betroffenen Banken Verluste erleiden werden. Wenn die Kredite zu vernünftigen Beleihungsquoten vergeben wurden, könnte unter jeder Hypothek genügend Eigenkapital der Eigentümer vorhanden sein, um Verluste abzudämpfen, bevor die Kredite der Banken gefährdet sind. Ausserdem bedeuten Hypothekenausfälle in der Regel nicht das Ende der Story, sondern vielmehr den Beginn von Verhandlungen zwischen Kreditgebern und Vermietern. In vielen Fällen wird das Resultat wahrscheinlich eine Verlängerung des Kredits zu neu strukturierten Konditionen sein.
Niemand weiss, ob die Banken bei ihren gewerblichen Immobilienkrediten Verluste erleiden werden oder wie hoch diese ausfallen werden. Aber es erscheint sehr wahrscheinlich, dass wir Ausfälle von Hypotheken in den Schlagzeilen sehen werden. Dies dürfte zumindest die Kreditgeber aufschrecken, Sand ins Getriebe von Finanzierungs- und Refinanzierungsprozessen streuen und das generelle Gefühl eines erhöhten Risikos bestärken. Trends in dieser Richtung haben sicherlich das Potenzial, zusätzlich zum Stress im System beizutragen, wo immer er sich in den kommenden Monaten manifestieren wird.
Bei diesem Gastbeitrag handelt es ich um einen Auszug aus dem jüngsten Memo von Howard Marks. Die englische Originalfassung sowie ein dazugehöriger Podcast sind unter diesem Link auf der Website von Oaktree Capital abrufbar.