Für viele Ökonomen bedeutet MMT «Modern Monetary Theory». Für viele Investoren steht MMT hingegen für «Magical Money Tree». Hinter solchen Ideen zur sozialen Umverteilung stehen gute Absichten. Ihre Folgen sind jedoch selten positiv.
Während der sowjetischen Atomtests am Nordpol schrieb 1961 ein kleines Mädchen einen Brief an John F. Kennedy und fragte, ob es dem Weihnachtsmann gut gehe. Der US-Präsident antwortete ihr, er habe mit Santa Claus gesprochen und versicherte dem Mädchen, Santa gehe es gut.
Der Weihnachtsmann ist eine Frage des Glaubens. Auch einige Erwachsene glauben noch an ihn.
Während die Wirtschaftswissenschaft die Lehre von der Verteilung knapper Ressourcen ist, impliziert das Prinzip des Weihnachtsmanns, dass es etwas umsonst gibt. Für viele Ökonomen bedeutet MMT «Modern Monetary Theory». Für viele Investoren steht MMT hingegen für «Magical Money Tree».
Für einen Teil der Ökonomen bedeutet die MMT-Idee, dass eine Volkswirtschaft unendlich viel Geld in ihrer eigenen Fiat-Währung leihen kann, ohne negative Konsequenzen in Kauf nehmen zu müssen. Für einen Teil der Investorengemeinde ähnelt diese Idee dem Prinzip des Weihnachtsmanns. (Andere denken, sie sei einfach nur irr).
Der Glaube an unbegrenzte staatliche Grosszügigkeit wird als Weihnachtsmann-Prinzip bezeichnet. Den Begriff «Santa Claus Principle» hat Ludwig von Mises in Bezug auf das interventionalistische Argument von John Maynard Keynes geprägt – und der Umverteilungsgedanke wird von all jenen am Leben erhalten, die sich von Staatsausgaben persönliche oder politische Vorteile erwarten:
An essential point in the social philosophy of interventionism is the existence of the inexhaustible fund which can be squeezed forever. The whole system of interventionism collapses when this fountain is drained off: The Santa Claus principle liquidates itself.1
— Ludwig von Mises (1881-1973), amerikanischer Ökonom österreichischer Schule
Viele Investoren, per Definition Praktiker, sind oft überrascht ob dem kontinuierlichen Angebot an interventionistischen Ideen, die Akademiker liefern. Der Fall der Berliner Mauer hätte all dem ein Ende setzen müssen, sagen sie. Diese hoch gepriesenen «Ideen» sind oft alt, haben in der Praxis bereits versagt und tauchen als neuer Wein in alten Schläuchen auf. Hier eine Erklärung dazu:
Like every other group, academics like to exert influence and feel important. Few scholars in the social sciences and humanities are content just to observe, describe, and explain society; most want to improve society and are naïve enough to believe that they could do so if only they had enough influence. The existence of a huge government offers academics the real possibility of living out their reformist fantasies.2
– Dwight Lee (geb. 1941), amerikanischer Wirtschaftswissenschafter
Oft ist es für Investoren der «Bauch» oder die «Intuition» oder die Kenntnis der Geschichte, die ein Warnzeichen zu den reformistischen Phantasien von Sozialwissenschaftern gibt. Investoren sind geschult, in Kosten-Nutzen-Beziehungen zu denken, und stehen fiskalpolitischen Luftschlössern und geldpolitisch induzierten Nirvanas in der Regel skeptisch gegenüber.
Investoren sehen den Effekt zur Gewinnung von Wählerstimmen (den Nutzen), aber auch die Folgen, die sozioökonomisch negativ sind (die Kosten). Einige Investoren könnten sogar so weit gehen und übermässigen staatlichen Interventionismus mit der Musik von Neil Diamond in Verbindung bringen:
Socialism is like Neil Diamond music. It's not good and belongs in the past, yet there's a group of people who think that it will eventually catch on if only they keep playing it.3
– Jeffrey Evan Brooks (geb. 1976), amerikanischer Schriftsteller
Einige amerikanische Autoren vermeiden den Begriff Sozialismus und nennen ihn stattdessen Campus-Liberalismus. Dies bezieht sich auf die Art und Weise, wie Bildung in den USA organisiert ist, und ist ein Hinweis darauf, was an Universitäten gedacht und gelehrt wird. Campus-Liberalismus ist natürlich ebenfalls Musik von Neil Diamond.
Oft stehen hinter Umverteilungsideen gute Absichten. Gute Absichten und gute Ergebnisse sind jedoch zwei unterschiedliche Paar Schuhe:
Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, dass ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.4
— Friedrich Hölderlin (1770-1843), deutscher Dichter
In einer ersten Phase einer neuen Wirtschaftspolitik lässt diese den Initiator gut aussehen. Das Problem ist jedoch, dass er nicht für die Nachwirkungen in den späteren Phasen verantwortlich ist. Die negativen Folgen werden sozialisiert. Harry Browne drückt es folgendermassen aus:
The free market punishes irresponsibility. Government rewards it.5
– Harry Browne (1933-2006), libertärer US-Schriftsteller und Politiker
Während die Befürworter der MMT argumentieren, dass Staatsfinanzen nicht mit Haushaltsbudgets verglichen werden können, bestehen gewisse Befürchtungen, dass eine Überschuldung den Weg in die Leibeigenschaft ebnet, d.h. künftigen Generationen weniger Freiheit und weniger Optionen offenstehen. Herbert Hoover hat es treffend formuliert:
Blessed are the young for they shall inherit the national debt.6
– Herbert Hoover (1874-1964), 31. Präsident der Vereinigten Staaten
Einige der Gründungsväter der Vereinigten Staaten warnten – etwas ironisch, da die MMT-Rhetorik heute hauptächlich aus den USA kommt – vor Überschuldung. Hier dazu nur ein Beispiel:
When you run in debt; you give to another power over your liberty.7
– Benjamin Franklin (1706-1790), amerikanischer Universalgelehrter
Das Verhältnis zwischen Schulden und dem Weg in die Knechtschaft ist jedoch viel älter als nur einige hundert Jahre:
Debt is the slavery of the free.8
– Publilius Syrus (85-43 v. Chr.), syrischer Sklave und lateinischer Schriftsteller
Der versklavende Charakter von Überschuldung über den gesamten Verlauf der Geschichte hinweg macht die Unbesonnenheit der MMT-Menge umso bemerkenswerter. Die reformistischen Fantasien und das Wunschdenken hinter dem «alten Wein in neuen Schläuchen» von US-Universitäten, d.h. das Santa-Claus-Prinzip, können mit einem einfachen Zweizeiler entzaubert werden:
«Papa, wenn ich gross bin, will ich Sozialist werden.»
«Du kannst nicht beides werden, mein Sohn.»
1 Von Mises, Ludwig (1949, 1996) “Human Action—A Treatise on Economics,” 4th edition. San Francisco: Fox & Wilkes, p. 858. First published 1949 by Yale University.
2 “Go to Harvard and Turn Left: The Rise of Socialist Ideology in Higher Education" in T. William Boxx and Gary M. Quinlivan (ed.) The Cultural Context of Economics and Politics (Lanham, Mayland: University Press of America, Inc. 1994), pp. 15-26.
3 "Socialism: The Next Social Revolution," Alternate History Discussion Board, 12 October 2013.
4 From Hayek, F.A. (1944, 2006) “The Road to Serfdom,” New York: Routledge Classics, p. 24. First published 1944 by George Routledge Sons.
5 Advocates for Self-Government (2004), p. 76.
6 Address to the Nebraska Republican Conference, Lincoln, Nebraska, 16 January 1936.
7 Poor Richard's Almanack, 1758.
8 Sententiae, Maxim 14.