Trotz deutlich besserer Performance haben deutsche Aktien nach einem beliebten Risikomass schlechter abgeschnitten als Anleihen. Diese Betrachtung ist gefährlich.
Der Wunschtraum jedes Anlegers ist eine möglichst hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital bei möglichst geringem Risiko. Doch dieses Minimax-Prinzip funktioniert in der Praxis nicht. Höhere Wertsteigerungen müssen in aller Regel auch mit einem höheren Risiko erkauft werden. Damit sind die beiden Determinanten für die Beurteilung des Anlageerfolgs eines Vermögensverwalters oder Fondsmanagers festgelegt. Doch während die Wertsteigerung eindeutig ermittelt werden kann, ist der Begriff des Risikos recht schwammig, und es gibt verschiedene Definitionen.
Das Problem fängt schon damit an, dass auch die Haltedauer eine bedeutende Rolle spielt. Auf kurze Sicht zählen Aktien zu den riskantesten Anlagen. Wer heute Aktien kauft, kann in einem Jahr auf Verlusten von 30 oder 40% sitzen. Doch langfristig zählen Dividendenpapiere nicht nur zu den rentabelsten, sondern auch zu den sichersten Anlagen. Spätestens nach zwanzig Jahren lag ein gut gestreutes Portfolio bisher immer in der Gewinnzone und das Verlustrisiko ging selbst unter Berücksichtigung von Inflation gegen Null (vgl. Grafik). Das war weder bei Anleihen noch bei Edelmetallen der Fall.
Es gibt also auch eine zeitliche Diversifikation. Nicht ohne Grund sind langfristig orientierte Anleger wie Warren Buffett besonders erfolgreich. Sie betrachten Aktien nicht als Spekulationsobjekt oder kurzfristige Kapitalanlage, sondern als Unternehmensbeteiligung. Über die letzten 220 Jahre konnte mit Aktien eine inflationsbereinigte Rendite von 7% pro Jahr erwirtschaftet werden (vgl. Grafik). Die Überlegenheit von Aktien liegt darin begründet, dass sie als einzige Anlageform direkt an der Wertschöpfung der Wirtschaft partizipiert.
Doch kommen wir zurück zur Definition des Risikos. Eingebürgert hat sich die Sharpe Ratio. Sie wird errechnet, indem man die Zusatzrendite – Rendite des Investments abzüglich risikoloser Zins – durch deren Standardabweichung teilt. Je höher die Sharpe Ratio, umso besser soll das Rendite-Risiko-Verhältnis eines Fonds sein. Wobei man in der Regel die annualisierte Standardabweichung, die man auch als Volatilität bezeichnet, über die letzten drei bzw. fünf Jahre berücksichtigt. Auch wenn die Sharpe-Ratio breite Verwendung bei den Ratingagenturen findet, erscheint mir ihre Verwendung höchst fragwürdig. Genauso wie der Umstand, dass deutsche Bundesanleihen und amerikanische Treasury Bonds trotz explodierender Staatsschulden immer noch mit dem Prädikat AAA ausgezeichnet werden, also als Anlagen mit dem höchsten Sicherheitsgrad.
Dazu ein Beispiel: Der deutsche Aktienindex Dax hat über die letzten zehn Jahre ein Plus von 98,4% erzielt, der deutsche Rentenindex REXP dagegen nur 27,8% (vgl. Grafik). Wer hat Ihrer Meinung nach also besser abgeschnitten? Natürlich der Dax, sollte man meinen. Irrtum! Da der Dax eine höhere Volatilität von 18,1% aufwies als der REXP mit 3,2%, liegt die Sharpe Ratio beim Rentenindex mit 0,45 deutlich über der des Aktienindex von 0,18.
Nach dieser Berechnungsweise haben Anleihen risikobereinigt also deutlich besser abgeschnitten als Aktien. Das erscheint doch sehr merkwürdig. Offensichtlich wird bei dieser Methode die vermeintliche Sicherheitskomponente wesentlich höher gewichtet als die erzielte Performance. Sonst könnte es nicht zu so einem Ergebnis kommen.
Noch abstruser wird es, weil die aktuellen Parameter keinerlei Berücksichtigung finden. So liegt die Wahrscheinlichkeit, mit erstklassigen Bundesanleihen über die nächsten zehn Jahre mit einem Verlust abzuschneiden, angesichts der aktuellen Negativzinsen bei 100%. Mit solchen Ratings können Anleger also ganz schön in die Irre geführt werden.
Hierzu noch eine Anekdote: Ein von mir gemanagter Aktienfonds wurde von einer grossen Ratingagentur einmal heruntergestuft, obwohl er über die Jahre davor eine weit überdurchschnittliche Wertentwicklung aufweisen konnte. Die Begründung: Die starke Abweichung von der Benchmark führe zu einem hohen Tracking Error und damit zu einem erhöhten Risiko. Wobei positive Abweichungen genauso schlecht bewertet wurden wie negative Ausreisser. Inzwischen wird ein geringer Tracking Error interessanterweise eher negativ gewertet und eine hohe Abweichung zur Indexgewichtung positiv beurteilt. So ändern sich die Zeiten.
Antizyklische Anleger sehen Kursschwankungen nicht als Risiko, sondern als Chance. Je kräftiger die Auf- und Abwärtsbewegungen an der Börse ausfallen, umso besser kann man bei noch stärker fallenden Kursen schrittweise günstig Aktienpositionen aufbauen. Bei einer längeren Abwärtsbewegung ist man gerade in ihrer Endphase somit recht dynamisch dabei. Dies hat jedoch nichts mit einem erhöhten Risiko zu tun. Im Gegenteil: Entgegen dem subjektiven Empfinden sind Käufe in einer Panikphase mit einem deutlich geringeren Risiko verbunden als Käufe in einer Euphorie. Immer vorausgesetzt, man ist langfristig orientiert.
Selten war die Stimmung der Anleger so einheitlich positiv wie zu Beginn dieses Jahres. Expansive Notenbanken, riesige Fiskalprogramme und fehlende Anlagealternativen lassen die Aktienanlage alternativlos erscheinen. Dies lässt Raum für Überraschungen. Wir haben deshalb die steigenden Kurse im Januar wie angekündigt für eine weitere antizyklische Reduktion der Aktienquote von 85,4% auf 70% genutzt (75% Aktien abzüglich 5% Absicherung über den Verkauf von Futures). Damit haben wir unsere Übergewichtung in Aktien abgebaut und unsere Zielquote erreicht. Langfristig werden die Börsen weiter deutlich steigen, so dass wir mit einem Aktienanteil von 70% gut dabei sind.
Den Anteil europäischer Aktien haben wir – ebenfalls wie angekündigt – deutlich von 46,2% Ende Dezember auf 30,8% Ende Januar abgebaut, während gleichzeitig die Gewichtung asiatischer Aktien von 22,1% auf 30,2% stieg. Wir ziehen damit die Konsequenzen aus der Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen in Europa und den besseren Perspektiven für die Entwicklung der Unternehmensgewinne in Asien.
Unsere Wirtschaft steht vor enormen Herausforderungen: Corona-Pandemie, Klimakrise, Brexit und zahlreiche disruptive Entwicklungen wie Digitalisierung, Energiewende, autonomes Fahren usw. Als wäre dies nicht Belastung genug, mischt sich die Politik hierzulande immer stärker in das Wirtschaftsgeschehen ein. Ob Frauenquote, Lieferkettengesetz, Recht der Arbeitnehmer auf Homeoffice und eine um sich greifende Regulierungswut – die Übergriffigkeit des Staates kennt keine Grenzen. Wer das kritisiert, wie der Chef der Wirtschaftsweisen Lars Feld, läuft Gefahr, abgesägt und durch einen SPD-nahen Kandidaten wie Marcel Fratzscher ersetzt zu werden. Umverteilung, Schuldenmacherei und Mangelverwaltung statt Wohlstandsmehrung – das kann auf Dauer nicht gutgehen.