Ein Rahmen, der aufzeigt, welche Geschäftstätigkeiten nachhaltig sind und in die es sich zu investieren lohnt, schafft Klarheit für Industrie, Politik und Investoren. Das EU-Klassifizierungssystems, die sogenannte «Green Taxonomy»*, ist ein Modell für Taxonomien in anderen Ländern.
Autorin: Sheila ter Laag, Global Head of ESG Specialists, BNP Paribas Asset Management
Eine Taxonomie liefert Investoren, Unternehmen und Politik einen einheitlichen Ansatz, um festzustellen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten nachhaltig sind und unter welchen Umständen. Gut konzipierte Taxonomien können politische Entscheidungsträger bei der Erarbeitung von Massnahmen unterstützen, die Finanzmärkte in ihren Entwicklungszielen in Bezug auf Nachhaltigkeit unterstützen.
Neben der EU, befassen sich auch andere Rechtssysteme mit Taxonomien und Definitionen nachhaltiger Finanzen:
Weitere Länder, die Interesse an Taxonomien für nachhaltige Finanzen bekundet haben, sind Kanada, Chile, Kolumbien, Kasachstan und die ASEAN-Region. Die meisten von ihnen wollen die EU-Taxonomie, die als das fortschrittlichste Klassifizierungssystem gilt, als Basis für die Entwicklung ihrer eigenen Taxonomien nutzen.
Die EU-Taxonomie hat zwei Hauptziele:
Die Taxonomie ist das erste gemeinsame, umfassende und wissenschaftlich fundierte Messinstrument für grüne Investitionen. Indem sie den Umsatz und die Ausgaben im Zusammenhang mit nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten misst, weist sie den Tätigkeiten der Unternehmen einen Nachhaltigkeitsgrad zu, anhand dessen Investoren feststellen können, wie umweltverträglich eine Investition in ein Unternehmen wäre.
Die Klassifizierung basiert dabei auf einem Rahmen doppelter Konditionalität. Das heisst, die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens müssen einerseits einen wesentlichen Beitrag zu einem der sechs offiziellen Umweltziele der EU leisten (siehe Abbildung 1); andererseits dürfen sie andere ökologische oder soziale Ziele nicht wesentlich beeinträchtigen.
Die EU-Taxonomie arbeitet mit Schwellenwerten, anhand derer bestimmt wird, ob wirtschaftliche Aktivitäten signifikant zu den Zielen der EU beitragen. Einige Tätigkeiten mögen heute noch nicht vollständig nachhaltig sein, tragen jedoch zum Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft bei.
Bei grünen Fonds und grünen Finanzprodukten – inklusive jenen Produkten, die angeblich ökologische Merkmale aufweisen – wird die «Umweltfreundlichkeit» der Unternehmen, in die investiert wird, bewertet. Die Anbieter dieser Finanzprodukte müssen deren prozentuale Übereinstimmung mit der Taxonomie angeben, um ein einheitliches Reporting und die Möglichkeit für einen Vergleich sicherzustellen.
Eine mit der Taxonomie konforme Berichterstattung ist für Fonds sowie für Finanz- und Nichtfinanzunternehmen obligatorisch, die gemäss europäischer Vorschriften eine nichtfinanzielle Erklärung offenlegen müssen.
Angesichts der Tatsache, dass Kapitalmärkte und wirtschaftliche Versorgungsketten weltweit miteinander verflochten sind, haben die Offenlegungspflichten für Emittenten von Finanzprodukten und Unternehmen in der EU auch Auswirkungen auf internationale Akteure. Dies, obwohl die Taxonomie nicht dazu gedacht ist, Drittländer in Bezug auf ihre eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten zu verpflichten.
Um diese internationalen und über die EU hinausgehenden Erwägungen zu berücksichtigen, hat die Technische Expertengruppe für Nachhaltige Finanzen (TEG) der EU-Offenlegungsgrundsätze vorgeschlagen. Diese sollen Unternehmen, die ausserhalb der EU tätig sind – und den Investoren in diese Unternehmen – helfen, mit Datenlücken und unterschiedlichen Erwartungen in Bezug auf Umweltziele und Unternehmensleistung umzugehen.
* Die Taxonomie wurde im April 2021 formell angenommen, die wichtigsten Offenlegungspflichten gelten ab 2022.