The Big Picture

China im perfekten Sturm

Vor dem 20. Nationalen Parteikongress ist Chinas Wirtschaft unter Druck. Im Zentrum steht die sich verschärfende Immobilienkrise, die von hoher Relevanz für die Weltwirtschaft ist.

Mark Dittli
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«Stabilität führt zu Instabilität. Je länger die Dinge stabil sind, desto instabiler werden sie sein, wenn die Krise kommt.»
Hyman Minsky, Amerik. Ökonom (1919–1996)

Eine Pandemie, die sich nur mit brachialen Methoden einigermassen unter Kontrolle halten lässt. Eine Hitzewelle. Dürre. Stromausfälle und -rationierungen. Wachsende Sorgen über drohende Missernten und Nahrungsmittelknappheiten.

Steigende Arbeitslosenraten für junge Menschen in den Städten, dazu eine Immobilienkrise, die fast täglich an Heftigkeit gewinnt. Hunderttausende erzürnte Wohnungskäufer, die ihre Hypothekarzinsen nicht mehr bezahlen und über soziale Medien ihren Ärger in die Öffentlichkeit tragen. Bauruinen, weil den Immobilienentwicklern das Geld ausgegangen ist.

Xi Jinping hätte sich ein anderes Jahr 2022 gewünscht.

Der starke Mann an der Spitze der Kommunistischen Partei will sich im Herbst am 20. Nationalen Parteikongress – dessen Datum immer noch nicht bestimmt ist – für eine dritte Amtszeit bestätigen lassen. De facto wird sich Xi zum Parteichef auf Lebenszeit krönen.

Er hätte am Kongress eine harmonische, prosperierende Gesellschaft und Wirtschaft präsentieren wollen. Stattdessen würgt die Zero-Covid-Politik der Regierung jegliche Dynamik ab; Chinas Wirtschaft ist im zweiten Quartal nur noch 0,4% expandiert, das offizielle Wachstumsziel von 5,5% für das Jahr ist längst Makulatur.

Wer weiss, vielleicht wird die Zero-Covid-Politik nach dem Parteikongress gelockert. Wir massen uns darüber keine Spekulation an. Mit grossem Interesse verfolgen wir jedoch die Entwicklung der Immobilienkrise – sie bietet Anschauungsunterricht und ist von hoher Relevanz für die Weltwirtschaft.

Aus diesem Grund widmen wir das dieswöchige «Big Picture» allein diesem Thema.

Die Bedeutung des Immobilienmarktes in China

Der Immobiliensektor war in den letzten drei Jahrzehnten eine der Stützen des chinesischen Wirtschaftswachstums – nebst dem Export und Investitionen in die staatliche Infrastruktur. Die Regierung auf zentraler, regionaler und kommunaler Ebene nutzte den Immobiliensektor, um den Gang der Wirtschaft zu steuern und die veranschlagten Wachstumsziele zu erreichen.

Landverkäufe an Immobilienentwickler waren und sind zudem eine wichtige Einnahmequelle für die kommunalen Regierungen, die daraus je nach Region 30 bis 40% ihres Finanzierungsbedarfs decken.

Eine mittlerweile breit zitierte Studie von Kenneth Rogoff und Yuanchen Yang beziffert die Bedeutung des Immobiliensektors im weiteren Sinne auf 25 bis 30% der jährlichen Wirtschaftsleistung Chinas. In der Methode von Rogoff und Yang dürften zwar teilweise Doppelzählungen enthalten sein, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Immobilienmarkt für Chinas Wirtschaft eine deutlich grössere Bedeutung hat als in den USA oder in Europa:

Auswirkung der immobilienbezogenen Aktivitäten auf das BIP (in %)

Quelle: Rogoff/Yang

Für Investitionen in Immobilien – das gilt weltweit – ist es üblich, mit Kredit zu arbeiten. Der Aufbau von Schulden spielte angesichts des grossen Gewichts des Immobiliensektors daher auch in der jüngeren Entwicklung Chinas eine wichtige Rolle. Wie die folgende Grafik der Research-Boutique Clocktower Group zeigt, nahm die Verschuldung in Chinas Privatsektor – er umfasst die Haushalte und die privaten Unternehmen – im Verlauf der vergangenen vierzig Jahre enorm schnell zu:

Das Wachstum der privaten Verschuldung – ein beträchtlicher Teil davon in Form von Hypotheken – in China war deutlich schneller als in den USA, Japan, Grossbritannien oder Deutschland nach 1960. Das private Schuldenniveau liegt in China mit derzeit gut 200% des BIP auch deutlich höher als in den Vergleichsländern – höher sogar als in den USA und in Grossbritannien vor dem Ausbruch der dortigen Immobilienkrisen ab 2007.

Die Deleveraging-Politik der Regierung

Regierung und Parteiführung in Peking haben die Problematik einer zu hohen Verschuldung längst erkannt. Ab 2015 verfolgten sie eine Deleveraging-Politik, mit dem erklärten Ziel, dass die Gesamtverschuldung – Privatsektor und Staat – nur noch maximal im Umfang des jährlichen Wirtschaftswachstums expandieren soll.

Als Folge dieser Strategie blieb die Gesamtverschuldung Chinas von 2015 bis 2019 weitgehend stabil um 240% des BIP (in der Grafik rot markiert):

Quelle: Clocktower Group

Doch dann schlug das Coronavirus zu.

Zur Abfederung der Folgen der Pandemie griff auch Peking – zwar in geringerem Ausmass als die Regierungen im Westen – zu fiskal- und geldpolitischen Stützungsmassnahmen, die die Gesamtverschuldung im Jahr 2020 wieder steigen liessen.

Die Regierung stellte jedoch rasch klar, dass sie einen neuerlichen Kredit- und Bauboom im Immobiliensektor verhindern will. «Wohnraum ist zum Wohnen da, nicht zur Spekulation», mahnte die Parteiführung unter Xi.

Das Huhn töten, um die Affen zu erschrecken

Im Spätsommer 2020 verabschiedete die Regierung daher die Politik der «Drei roten Linien», die darauf abzielte, die besonders hoch verschuldeten und allzu aggressiv agierenden Immobilienentwickler zurückzubinden: eine kontrollierte Abkühlung des Immobilienmarktes.

Als Folge der Politik der «Drei roten Linien» begann im Sommer 2021 der Branchengigant China Evergrande zu wanken und geriet in Liquiditätsnot. Weitere Fälle von zu hoch verschuldeten privaten Immobilienentwicklern folgten.

Trotz – oder gerade wegen – prominenter Einzelfälle wie Evergrande schien der Plan zu funktionieren. Peking statuierte an einigen Immobilienentwicklern ein Exempel und liess sie an ihrer Schuldenlast ersticken, um die restlichen Spieler im Markt zu disziplinieren: Das Huhn töten, um die Affen zu erschrecken, lautet ein altes chinesisches Sprichwort.

Gemäss Daten der Research-Boutique Gavekal Dragonomics erlitten im Jahr 2021 von Immobilienentwicklern ausgegebene Anleihen in Gesamthöhe von 68 Mrd. Yuan (umgerechnet rund 10 Mrd. $) einen Zahlungsausfall, einen sogenannten Default.

Insgesamt eine überschaubare Summe also.

Die Pandemie, Teil zwei

Doch dann schlug Omikron zu.

Ab Ende Januar 2022 begann sich die viel ansteckendere Omikron-Variante des Coronavirus in der Volksrepublik auszubreiten. Erstmals seit Wuhan im Februar 2020 wurden wieder grossflächige, harte Lockdown-Massnahmen verhängt; in Xian, in Shenzhen, schliesslich ab März in Schanghai und in Dutzenden weiteren Städten.

Mit diesen Lockdowns änderte sich die Dynamik im Immobiliensektor schlagartig. Bauprojekte mussten gestoppt werden, Neuverkäufe wurden ausgesetzt – und Immobilienentwickler mit überdehnten Bilanzen, die die Politik der «Drei roten Linien» nur knapp überlebt hatten, gerieten rasch ebenfalls in Liquiditätsnot.

Die kontrollierte Abkühlung des Sektors kippte allmählich in einen Absturz.

An dieser Stelle ist ein kurzer Blick auf die Eigenheiten des chinesischen Marktes für Wohnimmobilien nötig (Details dazu in dieser Übersicht des Wirtschaftsmagazins Caixin). In zwei Elementen unterscheidet sich das chinesische System deutlich von den westlichen Immobilienmärkten:

  • Wer in China eine Wohnung kauft, bezahlt in der Regel den Kaufpreis im Voraus, oft noch bevor der Bau begonnen hat. Während im Westen bei Vertragsabschluss also bloss Anzahlungen üblich sind, leistet der Käufer in China bei Vertragsabschluss bereits den vollen Preis.
  • Um den Erwerb zu finanzieren, können die Käufer bereits bei Vertragsabschluss den vollen Betrag in Form eines Hypothekarkredits aufnehmen – ebenfalls noch bevor der Bau überhaupt begonnen hat. Das bedeutet, sie bezahlen bereits Hypothekarzinsen, obwohl sie die Wohnung noch gar nicht erhalten haben.

Money for Nothing

Für die Immobilienentwickler stellen diese Vorauszahlungen de facto eine zinslose Finanzierungsquelle für ihre Aktivitäten dar. Sie können das Geld frei benutzen, um vorverkaufte Wohnhäuser zu bauen – oder sie können damit bereits die nächsten Landparzellen erwerben, um darauf noch grössere Projekte zu planen und in den Vorverkauf zu bringen.

Dieses System funktionierte während Jahren: Solange die Immobilienpreise munter in die Höhe kletterten und die Nachfrage stieg, lieferten diese kreditfinanzierten Vorverkäufe einen unerschöpflichen Treibstoff für die Baukonjunktur.

Doch im Grunde war es ein Schneeballsystem. Unter der scheinbaren Stabilität des stetig expandierenden Marktes wuchsen die Instabilitäten.

Die Lockdowns im Frühjahr 2022 versetzten diesem System einen fatalen Schlag. Weil sie wochenlang keine neuen Projekte verkaufen konnten, gerieten zahlreiche Immobilienentwickler in Liquiditätsnot. Ihre verlässlichste und günstigste Finanzierungsquelle, die Vorverkäufe, versiegte. Das führte zu weiteren Baustopps. Hunderte von Bauprojekten konnten nicht fertiggestellt werden, die Käufer konnten ihre längst voll bezahlten Wohnungen nicht beziehen.

Bauprojekt von China Evergrande in Wuhan.

Bauprojekt von China Evergrande in Wuhan.

Bild: Bloomberg

Spätestens ab Frühsommer wurde die Krise zu einem landesweiten Phänomen, als sich Hunderttausende von Immobilienkäufern – viele werden ihre bezahlten Wohnungen möglicherweise nie erhalten – über soziale Medien zur Boykottbewegung «WeNeedHomes» formierten und die Zinsen für ihre aufgenommenen Hypothekarkredite nicht mehr bezahlten.

Vertrauenskrise

Die Dynamik, die zuvor unerschöpflichen Treibstoff für die Baukonjunktur geliefert hatte, funktioniert seither in die Gegenrichtung:

  • Wer mit dem Kauf einer Wohnung liebäugelt, wartet lieber ab, weil er/sie keine grosse Vorauszahlung leisten und das Risiko eingehen will, in einem Ruinenprojekt zu landen.
  • Weil sie keine neuen Projekte verkaufen können, fehlt den Immobilienentwicklern das Geld, um ihre im Bau befindlichen – und bereits verkauften – Projekte fertigzustellen. Sie können ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen.
  • Weil den Immobilienentwicklern das Geld fehlt, können sie auch keine neuen Landparzellen mehr erwerben, wodurch die Einnahmen der Kommunalregierungen sinken und diese wiederum ihre Infrastruktur-Investitionen kürzen müssen.

Eine Vertrauenskrise hat Chinas Immobiliensektor erfasst.

Die Folgen sind dramatisch. Das Volumen der verkauften Wohnungen (in Quadratmetern und in Yuan gerechnet) ist im Juli im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30% gesunken. Das Verkaufsvolumen wird im laufenden Jahr gemäss Schätzungen von Gavekal Dragonomics voraussichtlich auf das Niveau von 2015 fallen:

Quelle: Gavekal

Die Landverkäufe (blaue Kurve in der untenstehenden Grafik) und die neuen Baubeginne (rot), die sich seit dem Beginn der Politik der «Drei roten Linien» ab Ende 2020 leicht abgekühlt hatten, fallen nun ins Bodenlose:

Die Neubaubeginne sind im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 45% gefallen – das ist ein Einbruch von noch grösserer Tragweite als in der ersten Pandemiewelle vom Februar 2020, wie die folgende Grafik von Christopher Wood, Chefstratege des US-Brokers Jefferies, zeigt:

Quelle: Jefferies

Das ist keine kontrollierte Abkühlung mehr. Das ist ein Crash.

Mittlerweile, erstmals seit 2015, sinken auch die Preise von neuen (grün) sowie von bestehenden Wohnimmobilien (blau) in den 70 wichtigsten Städten im Land:

Quelle: Jefferies

Dadurch sinkt die Kauflust weiter. Wer soll schon heute eine Wohnung per Vorauszahlung kaufen, eine hohe Hypothek aufnehmen und das Risiko eines Konkurses des Immobilienentwicklers eingehen, wenn dazu noch die Preise sinken?

Die Krise schlägt – zusätzlich zur Zero-Covid-Politik der Regierung – auf die Konsumentenstimmung. Der Index des Konsumentenvertrauens in China ist auf das tiefste Niveau seit Jahrzehnten gefallen:

Quelle: Jefferies

Für die Branche ist die Lage prekär. Gemäss Daten von Gavekal Dragonomics haben im Verlauf der letzten zwölf Monate 24 Immobilienentwickler, darunter Evergrande, ihre Schulden nicht bedienen können und stehen im Zustand des «Default».

Nachdem sich die Zahlungsausfälle aus dem Sektor im Jahr 2021 auf 68 Mrd. Yuan summiert hatten, sind es im laufenden Jahr bis Ende Juli gemäss Gavekal bereits 167 Mrd. Yuan – umgerechnet fast 25 Mrd. $. Der Grossteil davon betraf in Dollar ausgegebene «Offshore»-Bonds.

Gemäss einer Aufstellung der «Financial Times» haben chinesische Immobilienentwickler in den vergangenen Jahren rund 500 Dollar-Bonds im Gesamtvolumen von rund 200 Mrd. $ emittiert. Mehr als zwei Drittel dieser Bonds handeln derzeit unter 70 Cent je Dollar, was als Schwelle für ein hohes Risiko eines Zahlungsausfalls gilt. Mit anderen Worten: Die Finanzmärkte erwarten bis zu 130 Mrd. $ Verluste allein für internationale Käufer von Offshore-Bonds aus dem Fiasko im chinesischen Immobilienmarkt.

Besserung ist für die Immobilienentwickler nicht in Sicht. Viele inländische, in Renminbi denominierte Bonds fielen in den vergangenen Monaten nur deshalb nicht in einen offiziellen Zustand des «Default», weil ihre Laufzeit einfach verlängert wurde. In den ersten beiden Quartalen des kommenden Jahres wird ein abnormales Volumen dieser verlängerten Renminbi-Bonds zur Rückzahlung fällig (rote Balken in der Grafik), was die Finanznöte der Entwickler weiter verschärfen wird:

«Den Entwicklern fehlt schlicht der Cashflow, um diese Rückzahlungen leisten zu können», urteilen die Analysten von Gavekal Dragonomics.

Klassische Signale einer Liquiditätsfalle

Offensichtlich ist es den Entscheidungsträgern in Peking nicht mehr wohl angesichts dieser Entwicklungen. Die People's Bank of China (PBoC) hat zu Beginn dieser Woche die Referenzzinsen für fünfjährige Kredite – das ist der Standardsatz für das Hypothekargeschäft – überraschend um 15 Basispunkte auf 4,3% gesenkt (rote Kurve):

Quelle: Jefferies

Die Regierung hat zudem bereits mehrere kleinere Hilfspakete angekündigt und den Banken angeordnet, ins Stocken geratene Bauprojekte zu finanzieren, damit diese fertiggestellt und die Käufer bedient werden können.

Doch diese Massnahmen wirken bestenfalls palliativ. Die seit Mai beschleunigten Zinssenkungen der PBoC bewirken keine Belebung der Kreditnachfrage. Sowohl die Kreditvergabe der Banken an die Immobilienentwickler...

Quelle: Clocktower Group

...wie auch an die Haushalte ist eingebrochen:

Quelle: Clocktower Group

Chinas Wirtschaft zeigt damit die klassischen Zeichen einer Liquiditätsfalle: Die Zinsen sinken, doch die Kreditvergabe kommt nicht in die Gänge. «The PBoC is pushing on a string – die PBoC stösst an einem Seil», urteilt Wood von Jefferies.

«Die Massnahmen der Regierung werden nicht ausreichen, um die Krise zu stoppen», urteilt der an der Peking University lehrende Ökonom Michael Pettis in diesem sehr lesenswerten (und sehr langen) Essay. «Die Verantwortlichen verhalten sich immer noch so, als handelte es sich bloss um eine Liquiditäts- und nicht um eine Solvenzkrise. In Wahrheit sind jedoch weite Teile des chinesischen Immobiliensektors insolvent», schreibt Pettis.

Umfassendes Rettungsprogramm nötig?

Die Situation gleicht der Zeit von 2006 bis Mitte 2008 in den USA, als sich die dortige Immobilienkrise zu einem Schwelbrand ausbreitete und sich jede vom US-Finanzministerium oder dem Fed entwickelte Rettungsaktion im Nachhinein als zu klein erwies.

Bedeutet das, China steht ebenfalls eine Finanzkrise bevor, analog zum Herbst 2008, als die US-Investmentbank Lehman Brothers kollabierte und das gesamte Finanzsystem in die Tiefe riss?

Michael Pettis hält die Wahrscheinlichkeit für gering. Da Chinas Finanzsystem vom Staat kontrolliert ist, können schwache Banken von grösseren Mitspielern geschluckt und deren faule Kredite in grösseren Bilanzen absorbiert werden.

Allerdings werden Zentralregierung und PBoC nach Wegen suchen müssen, um die zerstörerische Dynamik der Vertrauenskrise im Sektor zu durchbrechen. Und das wird nach Einschätzung von Pettis wie auch von den Analysten von Gavekal Dragonomics nur möglich sein, wenn die Regierung den notleidenden Immobilienentwicklern umfassende Finanzierungshilfen gewährt – ein «Bailout» also.

Doch auch das ist vor dem Parteikongress schwierig, weil ein umfassendes Bailout-Programm das Eingeständnis von Seiten der Parteiführung wäre, dass die Immobilienkrise zu gefährlich für die gesellschaftliche Stabilität und Harmonie im Land wurde.

Der wichtigste Wirtschaftssektor der Welt

Doch weshalb ist eine inländische Immobilienkrise in der Volksrepublik überhaupt relevant für den Rest der Welt? Weil Chinas Immobilienmarkt gemäss Christopher Wood als Taktgeber für die globale Konjunktur der wichtigste Wirtschaftssektor ist.

Chinas Immobilienmarkt benötigt Importe von Eisenerz und Kupfer aus Australien und Chile, Baumaschinen aus Japan und Korea, Aufzüge und Rolltreppen von Schindler und Kone, Chemikalien und Verbundstoffe und vieles mehr. Der Zyklus der Bauwirtschaft (rot) korreliert stark mit Chinas Importen von schweren Maschinen (gelb), Rohstoffen (blau) sowie Chemikalien und Kunststoffen (grau) – und alle sind in den vergangenen Monaten mit der Verschärfung der Immobilienkrise tief in den negativen Bereich gerutscht:

Quelle: Gavekal Dragonomics

Diese Dynamik wird voraussichtlich erst drehen, wenn Xi Jinping über seinen Schatten springt und ein umfassendes Rettungsprogramm autorisiert. Und wenn es so weit ist, werden Aktien in einem breiten Spektrum von Rohstoff-Förderern bis hin zu Maschinenherstellern – inklusive Schindler – einen Freudensprung vollziehen.

Bis dahin können wir beobachten, wie selbst in einer Kommandowirtschaft wie China die Kraft einer kollektiven Vertrauenskrise stärker ist als die Hand der Parteiführung.

Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: Das nächste «The Big Picture Live»-Webinar findet am Montag, 5. September, um 16 Uhr statt. Abonnentinnen und Abonnenten von The Market können sich unter diesem Link registrieren.

Danke für die Zeit, die Sie uns widmen. Wir wünschen Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Herzlich,

Mark Dittli und das Team von The Market